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Jochen Martin

Heterogenität in der Pflegeausbildung
Ein Leitfaden für Praxisanleitende und Lehrende

Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 1. Auflage 2024, 180 Seiten, 39,00 €, ISBN (Print) 978-3-17-044315-0

Wir leben in einer sich stetig wandelnden Welt. Bezogen auf die Ausbildung in der Pflege haben wir uns von einer strikten Trennung der möglichen Ausbildungsgänge zu einer generalistischen Pflegeausbildung weiterentwickelt. So, wie sich die Ausbildungsstruktur verändert hat, hat sich auch die Struktur der Ausbildungsklassen verändert: Immer mehr Menschen unterschiedlicher Nationalitäten reisen für das Antreten einer Pflegeausbildung in Deutschland ein, immer mehr Menschen unterschiedlicher Altersstrukturen beginnen diese Ausbildung. Welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen dieser Trend der steigenden Heterogenität sowohl bei Lehrenden als auch bei Lernenden mit sich bringen kann, hat der Autor als eine Art Leitfaden in diesem Buch dargestellt.

Jochen Martin selbst hat eine Ausbildung in der Krankenpflege absolviert, arbeitete als Pfleger, qualifizierte sich weiter vom Praxisanleiter hin zum verantwortlichen Praxiskoordinator, bevor er selbst Pflegepädagogik studierte und an einer Pflegeschule arbeitete. Nun teilt er seine Erfahrung und Lernergebnisse in seinem Werk.

Um die möglichen Auswirkungen der zunehmenden Heterogenität verstehen zu können, stellt der Autor vorerst das Thema durch Begriffsdefinitionen, Darstellungen aber auch Gesetzen allgemein dar. Anschließend werden unterschiedliche Dimensionen der Heterogenität in der Pflegeausbildung beleuchtet, bevor der Umgang mit eben dieser Heterogenität dargelegt wird. Abschließend werden die Grenzen der Pädagogik erörtert, sowie der Frage der Überforderung im Umgang mit der Heterogenität nachgegangen.

Insgesamt folgt das Buch einem logisch strukturierten Aufbau, indem der erste Teil des Buches fundiertes Hintergrundwissen gepaart mit eigenen Erfahrungen fokussiert. Hier gibt der Autor vorerst einen Gesamtüberblick über das Thema der Heterogenität in der Pflegeausbildung, wobei er die Dimensionen eben dieser in den Mittelpunkt stellt und sie genauer beleuchtet. Besonders gelungen ist die praktische Darstellung mit Fallbeispielen, wobei diese für eine bessere Erkennbarkeit optisch abgegrenzt werden. Die Fallbeispiele setzt der Autor gekonnt ein, um das Thema auf mehreren Ebenen wertfrei zu veranschaulichen. Für diejenigen, die sich einen „schnellen Überblick“ über einzelnen Dimensionen verschaffen wollen, sind die jeweiligen Zusammenfassungen jedes Unterkapitels sinnvoll. Aufbauend werden im zweiten Teil des Buches Handlungsideen zum Umgang mit Heterogenität veranschaulicht. Nach einem kurzen einführenden Unterkapitel zum Thema „Lernen“ orientiert sich der Aufbau der folgenden Unterkapitel an der Struktur der Dimensionen aus dem ersten Teil des Buches. Für eine gewinnbringendere Darstellung ist diese Gliederung durchaus sinnvoll. Wohingegen der erste Teil des Buches durch die vielen Fallbeispiele untermalt wurde, zeichnet sich dieser Teil des Buches zum einen durch das Aufzeigen handlungsleitender Verhaltensweisen und zum anderen durch die Darstellung konkreter Unterrichtsmethoden (inklusive Internetadressen zur Erstellung eben dieser) aus. Diese Struktur unterstreicht den Leitfadencharakter, den der Autor bereits im Subtitel verewigt hat. Für alle Lehr:innen in den Pflegeschulen und Praxisanleiter:innen in den praktischen Einrichtungen sind diese Vorschläge besonders unterstützend.

Das Thema der Heterogenität in der Pflegeausbildung könnte aktueller nicht sein: Die Anzahl der internationalen Auszubildenden in der Pflegeausbildung steigt stetig, wodurch die Vielfalt an Sprachen und kulturellen Hintergründen zunimmt. Doch auch die Altersstruktur der Ausbildungsklassen befindet sich in einem Wandel: Wo vor ein paar Jahren noch direkte Schulabgänger:innen mit einem Alter ab 16 Jahren in den Räumen saßen, entscheiden sich nun immer mehr Menschen fortgeschrittenen Alters für die Pflegeausbildung. Ein gelungenes Unterrichtskonzept mit einer so großen Diversität zu entwickeln, sieht auf den ersten Blick nahezu unmöglich aus. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass das vorliegende Buch den absoluten Schwerpunkt auf eben diese Verschiedenartigkeit legt. Der Autor beleuchtet, wie Heterogenität durch didaktische und methodische Ansätze im Pflegeunterricht berücksichtigt werden kann. Hier ist Martin vergleichbaren Publikationen einen Schritt voraus, die sich zwar allgemein auf die Ausbildung von Pflegefachkräften konzentrieren, jedoch ohne explizit die steigende Diversität der Auszubildenden zu thematisieren. Dies spiegelt sich auch in den Fallbeispielen, Unterrichtsvorschlägen und praktischen Übungen wider, die auf den Umgang mit heterogenen Gruppen abzielen. Ähnliche Werke legen zwar ebenfalls Wert auf Praxisnähe, gehen jedoch weniger spezifisch auf die Herausforderungen bedingt durch Diversität ein. Zusätzlich konzentriert sich der Autor auf die aktuellen Anforderungen des Pflegeberufegesetzes und den damit verbundenen Veränderungen in der generalistischen Pflegeausbildung. Manche ältere Publikationen bieten weniger aktuelle Einblicke in diesem Kontext, da sie vor der Umstellung der Pflegeausbildungsberufe erschienen sind.

Ziel des Autors war es, durchweg seine eigene Haltung auszudrücken: Heterogenität bedeutet nicht nur mehr Stress durch negative Herausforderungen, sondern auch eine große Chance, voneinander zu lernen. Dies ist ihm ganz klar gelungen. Als Leser:in erfährt man ein nahezu motivierendes Gefühl beim Deuten der Zeilen.

Das Buch von Jochen Martin ist summarisch sehr handlungsleitend durch den logisch strukturierten Aufbau (Kapitel der Dimensionen sind mit den Handlungsempfehlungen zum Umgang identisch, alle Kapitel enden mit einer Zusammenfassung für den „schnellen Überblick“) und es unterscheidet sich durch seinen spezifischen Fokus auf die Heterogenität in der Pflegeausbildung, die Berücksichtigung der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen und seiner Praxisorientierung. Er bietet gezielt Werkzeuge und Ansätze, um die Vielfalt der Auszubildenden effektiv zu berücksichtigen. Dieser Vergleich macht das Werk besonders wertvoll für Lehrer:innen und Praxisanleiter:innen in der Pflegeausbildung, die sich den spezifischen Herausforderungen einer zunehmenden diversen Ausbildungsgruppe widmen möchten.

Eine Rezension von Christiane Gladrow
Pflegepädagogin M.A.

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