Roswitha Ertl-Schmuck und Linda Hommel (Hrsg.)

Beltz Juventa-Verlag, 1. Auflage 2025, 269 Seiten, 30,00 €, ISBN 978-3-7799-7904-3

Bisher hat wohl kein anderes Werk die Praxisanleitung in den Gesundheits- und Therapieberufen so umfassend eingeordnet und beleuchtet, wie das von Prof. Dr. Roswitha Ertl-Schmuck und Dipl.-Berufspäd. Linda Hommel kuratierte und im Beltz Juventa-Verlag erschiene Buch.

Übersichtlich gliedert der erste von zwei Sammelbänden insgesamt 12 Kapitel namhafter Autor:innen aus unterschiedlichen Disziplinen und Professionen in vier thematische Blöcke: beginnend mit einer Standortbestimmung über die Weiterbildung zur Praxisanleitung bzw. Perspektiven von Auszubildenden und Praxisanleiter:innen auf Praxisanleitung schließt dieses Buch mit einem interessanten Kapitel zum Umgang mit ausgewählten Herausforderungen in der Praxisanleitung.

Dabei ist „Praxisanleitung in den Gesundheitsberufen“ weder Handlungsleitfaden noch Lehrbuch für (angehende) Praxisanleiter:innen – es beleuchtet Praxisanleitung auf einer Meta-Ebene. Hierzu bündelt das Buch hochaktuelles Wissen zu den verschiedenen Rahmenbedingungen, unter denen Praxisanleitung stattfindet und hilft diese einzuordnen, sei es vor dem Hintergrund der generalistischen Pflegeausbildung oder der zunehmenden Akademisierung der Gesundheits- und Therapieberufe und schafft genau das, was die Herausgeberinnen versprechen: „[…] aktuelle und herausfordernde Tansformationsprozesse in einem berufs- und bildungspolitisch vernachlässigten Handlungsfeld [zu beleuchten]“. 

Beispielhaft seinen zwei Beiträge unter vielen vertiefend erwähnt: Prof. Dr. Ursula Walkenhorst und Dipl.-Berufspäd. (FH) Christine Weßling beleuchten in ihrem Kapitel erstmals umfassend und strukturiert die Rahmenbedingungen, Potenziale und Hürden von Praxisanleitung in Ergo- bzw. Physiotherapie und Logopädie und weisen folgerichtig auf ein ganzes Bündel an Implikationen – auch vor dem Hintergrund der Teil-Akademisierung – für diese Berufsgruppen hin.

In einem weiteren Kapitel geht Dr. Gerlinde Klimasch kurzweilig aber wissenschaftlich nicht minder präzise der wichtigen und hochrelevante Frage nach, ob und wie sich Empathie erlernen lässt bzw. wie Praxisanleiter:innen ihre Auszubildenden bei der Entwicklung professioneller, reflektierter empathischer Kompetenz unterstützen können und bietet den Leser:innen ebenfalls eine ganze Reihe von Empfehlungen zur Umsetzung im Rahmen der praktischen Ausbildung.

Eine klare Leseempfehlung für alle, die sich wissenschaftlich-vertiefend mit Praxisanleitung auseinandersetzen wollen. „Praxisanleitung in den Gesundheitsberufen – Eine Standortbestimmung –  Band 1“ gehört damit in viele Bücherregale von Praxisanleiter:innen ebenso wie von Lehrkräften an Berufsfachschulen, Studierenden und Weiterbildungsteilnehmer:innen sowie Führungskräften, Ausbildungsverantwortlichen und Entscheidungsträger:innen.

Eine Rezension von Prof. Dr. Patrick Ristau

Hans Peter Köllner, Sophie Loidl & Bettina M. Madleitner

Facultas Verlag, Wien 2025.,185 Seiten, 28,90 Euro, ISBN 978-3-7089-2488-5

Die Publikation von Hans Peter Köllner, Sophie Loidl und Bettina M. Madleitner widmet sich der Praxisanleitung in einer Pflegeausbildung, die zunehmend akademisiert wird und gleichzeitig durch Fachkräftemangel, steigende Ausbildungszahlen und gesetzliche Änderungen stark gefordert ist. Das Thema ist hochrelevant, da Praxisanleitung wesentlich zur Qualität der Ausbildung, zur Patientensicherheit und zur langfristigen Sicherung pflegerischer Versorgung beiträgt.

Die drei Autor*innen bringen hierfür unterschiedliche Perspektiven mit: Hans Peter Köllner ist Pflegepädagoge und Hochschullehrer mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Curricula sowie in der Fort- und Weiterbildung von Praxisanleitenden. Sophie Loidl ist in der Pflegepädagogik und in hochschuldidaktischen Projekten tätig und verbindet wissenschaftliche Forschung mit praktischer Lehre. Bettina M. Madleitner ist erfahrene Pflegepädagogin und Autorin weiterer Fachpublikationen zur Professionalisierung der Pflege. Gemeinsam repräsentieren sie eine fundierte Verbindung von Theorie, Didaktik und pflegerischer Praxis. Diese Hintergründe prägen den theoretisch fundierten, aber praxisnahen Zugang des Buches. Das Werk ist eine eigenständige Fachpublikation, die aus dem aktuellen Reformprozess der Pflegeausbildung in Österreich heraus entstanden ist.

Das Buch ist klar gegliedert. Eingangs stehen Fragen der Professionalisierung und beruflichen Identität, wodurch Praxisanleitung über die reine Vermittlung von Fertigkeiten hinaus als pädagogische und professionelle Aufgabe verstanden wird. Daran schließen sich zentrale Lerntheorien und didaktische Modelle an, die Orientierung für das Anleiten im Alltag geben. Es folgen Kapitel zu rechtlichen und ethischen Grundlagen, zur Formulierung von Lernzielen sowie zu Evaluation und Beurteilung. Abgerundet wird das Werk durch Abschnitte, die schwierige Situationen aufgreifen – etwa Konflikte, Mobbing, Stress oder die Besonderheiten der Begleitung der Generation Z. Damit bietet das Buch eine innere Logik vom „Warum“ über das „Wie“ bis hin zum „Woran messen wir Erfolg“.

Als besondere Stärke überzeugt die konsequente hochschuldidaktische Verortung der Praxisanleitung. Das Buch zeigt, dass Praxisanleitung weit mehr ist als das Anleiten einzelner Handgriffe. Es geht um die Einführung in professionelles, reflektiertes Denken und Handeln, in dem Fehlerkultur, Ethik und Patientensicherheit einen festen Platz haben. Für den österreichischen Diskurs ist diese Integration von Hochschuldidaktik, rechtlichem Rahmen und Identitätsbildung ein wertvoller Beitrag, weil sie die Rolle der Praxisanleitenden stärkt.

Deutlich wird allerdings auch, dass der enge Bezug auf Hochschuldidaktik an Grenzen stößt. In einem Ausbildungssystem, in dem hochschulische und berufsbildende Wege nebeneinanderstehen, wäre eine stärkere Brücke zur Berufsbildungsdidaktik sinnvoll gewesen. Konzepte wie Constructive Alignment oder Cognitive Apprenticeship könnten auch für nicht-akademische Bildungsgänge adaptiert werden. Da letztlich immer die Patient*innen im Mittelpunkt stehen, würde eine solche Öffnung die Anschlussfähigkeit des Buches erhöhen, ohne den Anspruch der Autor*innen zu schmälern.

Mit Blick auf internationale Entwicklungen zeigt sich, dass viele der dargestellten Elemente in anderen Ländern bereits etabliert sind. In der Schweiz sind Praxisbildner*innen fester Bestandteil der Ausbildung, Simulation und Skills-Labs gehören selbstverständlich dazu. Großbritannien hat Preceptorship-Programme entwickelt, die den Berufseinstieg strukturieren, und in Kanada oder den Niederlanden sind kompetenzbasierte Rahmenwerke Grundlage der Anleitung. Ein stärkerer Bezug auf diese Erfahrungen hätte die internationale Anschlussfähigkeit erhöht; zugleich liegt die Stärke des Buches im klaren Fokus auf Österreich, das den hiesigen Kontext ernst nimmt.

Die theoretische Fundierung ist eine klare Stärke des Bandes. Für die direkte Praxisanwendung wären zusätzliche Materialien wie Checklisten, Fallbeispiele oder Entscheidungshilfen hilfreich gewesen. So bleibt das Buch in erster Linie ein Grundlagenwerk, das sich besonders für die Weiterbildung von Praxisanleiter*innen und für hochschulische Lehrveranstaltungen eignet. Für die alltägliche Anleitungspraxis ist eine Ergänzung durch praxisorientierte Handreichungen empfehlenswert.

Die Sprache ist flüssig, die Fachbegriffe werden verständlich eingeführt, und die Struktur ist übersichtlich. Positiv fällt auf, dass die Autor*innen konsequent den Zusammenhang zwischen Anleitung, Identitätsentwicklung und Patientensicherheit in den Blick nehmen. Das macht das Buch sowohl für Praxisanleitende als auch für Lehrende und Verantwortliche in Einrichtungen wertvoll.

Fazit: „Praxisanleitung im hochschuldidaktischen Kontext“ ist ein wichtiger Beitrag zur Professionalisierung der Pflegeausbildung in Österreich. Neu ist weniger die Darstellung einzelner Theorien, sondern die Integration von Hochschuldidaktik, rechtlichen Grundlagen und Identitätsfragen zu einer Gesamtschau, die Praxisanleitung als professionelle Kernaufgabe sichtbar macht. Wer Anleitung reflektiert gestalten und weiterentwickeln will, findet hier fundierte Impulse. Wer praktische Werkzeuge für den Alltag sucht, wird ergänzende Literatur benötigen. Insgesamt ist das Buch eine klare Empfehlung für alle, die Praxisanleitung mit Blick auf Patientensicherheit und Qualität systematisch verankern möchten.
 

Eine Rezension von Michaela Key
MSc. Gesundheits- und Pflegepädagogik

Christiane Lücking, Cathleen Gaede-Illig (Hrsg.)

Hogrefe Verlag, Bern 2025, 296 Seiten, 55,00 €, ISBN 9783456862798

Mit ihrem im Frühjahr 2025 bei hogrefe erschienen Sammelband Therapiewissenschaften: Konzepte und Methoden für Health Professionals richtet sich das Autor:innenteam rund um die Herausgeberinnen Prof. Dr. Christiane Lücking und Prof. Dr. Cathleen Gaede-Illig explizit an Studierende und Berufstätige aus den Professionen der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. 

Begleitend von einer einleitenden Fallgeschichte, die im Verlauf des Buches an ausgewählten Stellen aus Sicht der Professionen immer wieder aufgegriffen wird und zur Veranschaulichung der Inhalte dient, werden auf knapp 300 Seiten zentrale Themen und Konzepte der Therapiewissenschaften vorgestellt und erläutert. Das Buch ist dabei in insgesamt sechs große Kapitel untergliedert, die sich von „Gesundheit und Krankheit“ über „Evidenzbasiertes Arbeiten und Handeln“ und „Ethik in der Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie“ hin zu „Clinical Reasoning“ und „Interprofessionelles Arbeiten in den Gesundheitsberufen“ erstrecken und mit einem Kapitel zu „Digitale Transformation der Gesundheitsversorgung“ schließen. Das Werk versteht sich dabei nicht nur als Lern- und Arbeitsbuch für Studierende – jedes Kapitel enthält neben Lernzielen und Merkkästen auch Beispiele und umfangreiche Literaturangaben zum weiteren Vertiefen – sondern durch das umfangreiche und präzise ausgearbeitete Stichwortverzeichnis am Ende des Buches auch als Nachschlagewerk für Praktiker:innen. Ergänzend stehen Podcasts und Videos als Zusatzmaterial online zur Verfügung.

Der Schwerpunkt des Buches liegt dabei ganz klar auf dem Handeln in den Therapieberufen und die vorgestellten Konzepte werden unter diesem Fokus behandelt. So werden beispielsweise die Methoden und Grundlagen des Evidenzbasierten Handelns erläutert und anhand der Schritte der Evidenzbasierten Praxis expliziert. Studierende und Praktiker:innen werden so in die Lage versetzt, EbP-Probleme zu identifizieren und in einer Fragestellung zu konkretisieren. Das Buch gibt ebenfalls eine strukturierte Guidance für die Durchführung der wissenschaftlichen Literaturrecherche und die kritische Bewertung wissenschaftlicher Literatur. Darüber hinaus werden Grenzen der EbP in den Therapiewissenschaften diskutiert. Abschließend werden Evidenzgenerierung und Evidence Mapping vorgestellt. 

Anzumerken und zu hinterfragen ist an dieser Stelle der im Buch und in einer Kapitelüberschrift genutzte Begriff der Evidenzgenerierung und die folgenden Ausführungen dazu. Die Bedeutung dieses Begriffs ergibt sich zwar aus dem Kontext, könnte aber auch durchaus anders besetzt sein: Die Autorinnen meinen an dieser Stelle Evidenzsynthesen, die sie in diesem Unterkapitel auch weiter ausführen. Wer nun jedoch Inhalte zu Forschungsdesigns und der Durchführung von Forschung in den Therapiewissenschaften erwartet, wird enttäuscht: In diesem Buch wird die Evidenzgenerierung in Form von Primärforschung nur kurz im Zusammenhang mit der Evidenzhierarchie innerhalb der EbP angerissen, was insbesondere für die Zielgruppen des Buches – Studierende und Praktiker:innen – nachvollziehbar scheint, das Thema gleichzeitig aber nur unterkomplex abzubilden vermag und überdies nicht zum eigenen Forschen in den Therapieberufen anregt. Grundkenntnisse im wissenschaftlichen Arbeiten und Wissenschaftsverständnis müssen daher zwangsläufig für die Lektüre des Buches vorhanden sein. Oder kurz: Wenn ich vor dem Lesen des Buches nicht weiß, warum in manchen Situationen eine Fall-Kontroll-Studie das Design der Wahl sein kann, werde ich es nach dem Lesen auch nicht wissen – dafür kann ich die verschiedene Studientypen im Vergleich zueinander hierarchisieren.

Mit großer Spannung fiebern die Leser:innen dem Kapitel zur Interprofessionellen Zusammenarbeit entgegen – einem Thema, das allen Gesundheitsberufen unter den Nägeln brennt. Die Autorinnen dieses Kapitels beleuchten die theoretischen und systemischen Grundlagen der interprofessionellen Zusammenarbeit stringent und umfangreich und führen dabei vergleichsweise umfangreiche Exkurse in die Kommunikationswissenschaften. Verwunderlich ist an dieser Stelle, auf wie wenig Raum die Zusammenarbeit mit Pflegefachpersonen und ärztlichem Personal thematisiert wird, wobei auf konkrete Settings oder Fallkonstellationen überhaupt nicht eingegangen wird. Von zusätzlichen Best-Practice-Ansätzen für alltägliche Problemkonstellationen würden die Leser:innen an dieser Stelle sehr profitieren: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit im Rahmen der Frühmobilisation auf einer Stroke Unit? Welche Zuständigkeiten und Absprachen sind beim Schlucktraining auf einer MKG-Station zu treffen? Wie kann Sturzprophylaxe im geriatrischen Setting interprofessionell gestaltet werden?

Das abschließende Kapitel zur Digitalen Transformation der Gesundheitsversorgung ist hochaktuell und spannend zu lesen. Neben Grundlagen werden auch immer konkrete Anwendungsbezüge vermittelt. Die Autorinnen geben einen guten Überblick über Chancen und Nutzen digitaler Technologien in den Therapiewissenschaften und auch der Bezug auf DiGA und Co. und deren Möglichkeiten für die Arbeit mit Patient:innen bzw. die Eigenanwendung kommt nicht zu kurz. An dieser Stelle gilt es allerdings, auch zukünftig die raschen Entwicklungen in der Digitalisierung nicht nur des Gesundheitswesens, vor allem aber in der Gesellschaft, abzubilden – vielleicht erscheint in wenigen Jahren ja schon eine zweite Auflage dieses Buches? Ein interessanter und durchaus lesenswerter Grundstein ist mit diesem Werk gelegt.

Eine Rezension von Dr. Patrick Ristau