Spezielle Hilfsangebote für pflegende Angehörige von Migrant(inn)en

Projekt „OPEN“ fördert interkulturelle Öffnung in der Pflegeberatung

„Wenn Menschen mit Migrationshintergrund pflegebedürftig werden, übernehmen meist Angehörige wie Ehefrauen, Töchter oder Schwiegertöchter die Pflege. Professionelle Pflegedienste und Hilfsangebote werden von dieser Zielgruppe kaum genutzt. Die Gründe dafür sind viel fältig“, so Prof. Dr. Ulrike Schulze, Professorin für Pflegewissenschaft/Klinische Pflege und Projektleiterin an der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS). „Dazu zählen Sprachbarrieren oder ein unterschiedliches Krankheitsverständnis. Oft sind die Leistungs- und Informationsangebote auch nicht hinreichend auf kulturelle und soziale Wertvorstellungen, Lebensstile und Bedürfnisse von zugewanderten Menschen zugeschnitten.“

Älteren Migrant(inn)en kulturspezifische Informationen und bessere Zugänge zu Hilfe und Pflege zu eröffnen und damit allen Bürger(inne)n die gleichen Zugangs- und Nutzungschancen zu verschaffen, ist das Ziel des Projekts „OPEN – Interkulturelle Öffnung in der Pflegeberatung“.
Bis September 2017 arbeitet das Verbundprojekt der Hochschule RheinMain Wiesbaden/Rüsselsheim (Projektleitung und Koordination: Prof. Dr. Michael May), der Frankfurt UAS (Projektleitung: Prof. Dr. Ulrike Schulze), und der Katholischen Hochschule Mainz (Projektleitung: Prof. Dr. Peter Löcherbach) daran, kulturspezifische und an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientierte Informationen über Versicherungsansprüche und Versorgungsangebote im Bereich Pflege und individuelle Pflegeberatung zusammenzutragen. Die Erkenntnisse sollen die Hemmschwelle senken, verstärkt Leistungen aus der Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen.

Neben den Pflegestützpunkten und weiteren Beratungsstellen, wie die Beratungs- und Koordinierungsstelle für „Häusliche Versorgung von Migranten“, sind auf der politischen Ebene das Hessische Ministerium der Justiz für Integration und Europa, auf der berufspolitischen Ebene der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und die Deutsche Gesellschaft für Care- und Case Management (DGCC) involviert. Darüber hinaus sind auf der Forschungsebene das Projekt „MainCareer- Offene Hochschule“ der Frankfurt UAS und das Centrum für angewandte Wirkungsforschung eingebunden.

Um zu ermitteln, wie die Betroffenen erreicht und in ihren individuellen Pflegearrangements unterstützt werden können, werden Menschen mit Migrationshintergrund eingeladen, in moderierten Gruppengesprächen über mögliche Zugänge zu (Pflege-) Beratungsstellen und anderen Einrichtungen der Pflege zu diskutieren. Nach der Methodik der „Zukunftswerkstatt“ soll die Fantasie angeregt werden, um mit neuen Ideen Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu entwickeln. Damit ein vertiefter Austausch über Themen wie „Pflege & Gesundheit in Ihrer Kultur“, „Erwünschte (Beratungs-)Hilfen“ oder „Wie werden Hilfen angenommen?“ gelingt, helfen Migrationslots(inn)en oder Übersetzer(innen) Sprachbarrieren zu überwinden.

Die Ergebnisse werden den Pflegestützpunkten übermittelt und dort in der Beratungstätigkeit erprobt. Ausgewählte Beratungsgespräche von Klient(inn)en mit Migrationshintergrund werden aufgenommen und analysiert. „So wollen wir Lösungsmöglichkeiten für aufgetretene Barrieren und schließlich ein verallgemeinerbares konzeptionelles Vorgehen entwickeln“, erläutert Schulze. Abschließend werden aus den Ergebnissen der Praxisforschung Qualifizierungsbausteine für die Mitarbeitenden in Pflegestützpunkten und einschlägigen Beratungsstellen entwickelt. „Durch die Implementierung der Studienergebnisse in den Beratungsalltag ist eine nachhaltige Wirkung der Forschung in der Praxis sichergestellt“, betont Schulze.

Parallel werden Flyer in verschiedenen Sprachen angeboten, die über die Arbeit von Pflegestützpunkten informieren. Sie sollen in den, von älteren Zugewanderten, frequentierten Arztpraxen, Cafés und Lebensmittelläden ausliegen. Zudem vermitteln sogenannte Integrationslots(inn)en, die über sehr gute Kontakte in die entsprechenden ethnischen Communities verfügen, zwischen den Ratsuchenden mit Migrationshintergrund und den Pflegeberater(inne)n. Darüber hinaus sind Informationsveranstaltungen zur Pflegeversicherung und dem Angebot der Pflegestützpunkte in „migrantischen“ Organisationen sowie Kulturvereinen geplant.

Auch die systematische Vernetzung von verschiedenen in der Region vorhandenen Organisationen und Einrichtungen soll gefördert werden. Dazu zählen neben professionellen Fachpersonen aus dem ambulanten und stationären Pflegesektor sowie denen der Pflegeberatung auch Vertreter(innen) von Zugewanderten-Organisationen, der Zugewanderten-Selbsthilfe und ehrenamtlich Tätige.

Das Teilprojekt der FRA-UAS im Rahmen des Verbundvorhabens „OPEN“ wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in der Förderlinie „SILQUA-FH“ des BMBF-Programms „Forschung an Fachhochschulen“ mit knapp 323.000 Euro gefördert.
Der Schwerpunkt des Hessischen Instituts für Pflegeforschung (HessIP) liegt im speziellen in der Entwicklung der Qualifizierungsbausteine für die Fort- und Weiterbildung im Berufsfeld Pflegeberatung, für die Studiengänge Pflege und Soziale Arbeit sowie auch für die fachberufliche Pflegeausbildung. Im gesamten Projektverlauf sind die hessischen Hochschulen für eine Auswertung der qualitativ erhobenen Daten aus den Zukunftswerkstätten und Beratungsprozessen zuständig.

Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit, Prof. Dr. Ulrike Schulze, Telefon: 069/1533-2845, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; Hessisches Institut für Pflegeforschung (HessIP), 069/1533-3245, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Weitere Informationen:

http://www.projekt-open.de

Personallücke in der Versorgung Pflegebedürftiger: mindestens 350 000 Kräfte fehlen bis 2030

IAT-Beitrag zum neuen Pflegereport 2015 -

In den verschiedenen Wohn- und Versorgungsformen für pflegebedürftige Menschen (von der vollstationären Pflege über Tagespflege, ambulante Pflege, bis hin zu Pflege-Wohngemeinschaften und der Hospizarbeit) werden bis 2030 mindestens 350 000 zusätzliche Kräfte benötigt, darunter rund 130 000 Pflegefachkräfte. Umgerechnet entsprechen diese Zahlen rund 250 000 bzw. 100 000 Vollzeitstellen. Am Arbeitsmarkt stehen aber bereits heute kaum noch Fachkräfte des „Kernberufs“ Pflege zur Verfügung.

Umfassende Anstrengungen sind nötig – vor allem auch verstärkt in der Ausbildung und beruflichen Qualifizierung – um die bedrohliche Lücke zu schließen, zeigen aktuelle Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT / Westfälische Hochschule), die jetzt im Pflege-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) veröffentlicht wurden.

Die IAT-Forscher Christoph Bräutigam, Michaela Evans und Prof. Dr. Josef Hilbert ermitteln in ihrem Beitrag den Personalbedarf in den verschiedenen Wohn- und Versorgungsformen für Pflegebedürftige und zeigen Ansätze auf, den künftigen Personalbedarf zu decken. Denn die unterschiedlichen Versorgungsformen werden künftig verschärft um qualifiziertes Personal konkurrieren, untereinander und auch mit den Krankenhäusern.

Einen wesentlichen Ansatzpunkt sehen die IAT-Forscher in der beruflichen Qualifizierung. In den Pflegefachberufen schließen jährlich rund 30 000 Absolventen erfolgreich ihre Ausbildung ab. Diese Zahlen sind kaum noch ausreichend, um die Zahl der Beschäftigten auch nur stabil zu halten. Mit den ab 1995 besonders geburtenschwachen Jahrgängen könnten die Ausbildungszahlen kräftig sinken. Zudem werden in den nächsten Jahren altersbedingt immer mehr Pflegefachkräfte ausscheiden. Schon diese Ausfälle zu kompensieren würde also eine deutliche Ausweitung der Ausbildungskapazitäten erfordern. Auch die Ausweitung des Beschäftigungsumfangs, der Erwerbsbeteiligung und der Berufsverweilzeit müssen angegangen werden.

Das Berufsfeld konkurriert zunehmend um Nachwuchs mit anderen Branchen, denen ein besserer Ruf anhaftet. Eine deutliche Attraktivitätssteigerung des Berufs wird durch Imagekampagnen allein nicht zu erreichen sein. Deutliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der Fachkräfte-Vergütung sowie eine Aufwertung der Pflege durch Akademisierung könnten dazu beitragen, neue Zielgruppen für eine berufliche Laufbahn in der Pflege zu gewinnen.

Nähere Informationen:

Christoph Bräutigam: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; Michaela Evans: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; Prof. Dr. Josef Hilbert: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
 

PERLE – Personalmix in der Langzeitpflege

Das Forschungsprojekt wird vom Sozialministerium des Landes Baden Württemberg im Rahmen des „Innovationsprogramms Pflege 2014“ gefördert und in Kooperation zwischen der Katholischen Hochschule Freiburg und der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar durchgeführt.

Untersucht wird, wie in der stationären Altenhilfe der Personalmix so gestaltet werden kann, dass sich einerseits die Lebensqualität der Bewohner(inne)n erhöht und auf der anderen Seite die Belastungen der Mitarbeiter(innen) reduziert werden können. Vor dem Hintergrund des drohenden Personalmangels in der Altenpflege wird versucht, neue Wege zu finden, die Pflege zukünftiger Generationen menschenwürdig und kompetent zu sichern.

Acht Einrichtungen – Drei Jahre

Für das  Modellprojekt wurden acht Einrichtungen als Praxispartner ausgewählt, die neue und innovative Wege und Formen in der Gestaltung des Personalmix gehen wollen. Dies wird im Rahmen einer dreijährigen wissenschaftlichen Studie evaluiert.

Kooperierende Einrichtungen sind:

•    DRK Residenz, Deutsche Rotes Kreuz, Bad Friedrichshall
•    Haus Fehlatal, Benevit GmbH, Burladingen
•    KWA Albstift, Kuratorium Wohnen in Alter, Aalen
•    Pflegeheim „Am Pfarrgarten“, Altenhilfe Hanauerland, Willstätt
•    Samariterstift, Samariterstiftung, Leonberg
•    Seniorenzentrum Konrad-Manopp-Stift, Keppler-Stiftung, Riedlingen
•    Wohnheim St. Johann, Marienhaus St. Johann e.V., Freiburg
•    Wohnzentrum „Grüne Burg“, Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg, Pfullendorf

Multiprofessionell

Ein multiprofessionelles Projektteam wird mit Hilfe von qualitativer und quantitativer Sozialforschung theoriegeleitet die Wirkungen der Personalzusammensetzung auf die Lebensqualität der Heimbewohner(inne)n und die Belastung des Personals untersuchen.

Neben einer systematischen Literaturrecherche und der Dokumentenanalyse auf der Grund-lage des Resident Assessment Instrument (RAI) werden im qualitativen Teilbereich der Studie teilnehmende Beobachtungen sowie leitfadengestützte Interviews von Heimbewohner(inne)n, Mitarbeiter(inne)n und Leitungen durchgeführt. Die Auswertung erfolgt auf Basis der doku-mentarischen Methode von Ralf Bohnsack und der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring bzw. Cropley. Im quantitativen Teilbereich werden über standardisierte Fragebögen Informa-tionen über Formen und Einflussfaktoren des Personalmix erhoben und ausgewertet.

Projektleitung

  • Professor Dr. Cornelia Kricheldorff
    Katholische Hochschule Freiburg
  • Professor Dr. Hermann Brandenburg
    Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar

Ansprechpartner

Laufzeit

  •  2014 - 2017

Nähere Informationen:

http://www.kh-freiburg.de/forschung-entwicklung/projekte/personalmix-langzeitpflege/