Lehrbuch Patientenberatung (Rezension)

Lehrbuch Patientenberatung (Schaeffer, Doris und Sebastian Schmidt-Kaehler (Hrsg.) )

Verlag Hans Huber, Bern 2006, 304 S., 17 Abb., 8 Tab., 29,95 €, ISBN-13: 978-3-456-84368-1

Rezension von: Prof. Dr. Uta Oelke

Obwohl es zahlreiche Indikatoren dafür gibt, dass „Beratung“ zu einem zentralen neuen Handlungsfeld Pflegender werden könnte, stellt sich die diesbezügliche Literaturlage bislang recht spärlich dar. Umso erfreulicher ist es, dass nun innerhalb nur eines Jahres zwei Publikationen erschienen sind, die sich der Thematik in sehr umfassender und einander ausgezeichnet ergänzender Form widmen.

Das von Doris Schaeffer und Sebastian Schmidt-Kaehler herausgegebene „Lehrbuch Patientenberatung“  verfolgt die übergreifende Zielsetzung, „Impulse für die weitere Diskussion über die Patientenberatung und Nutzerinformation“ zu setzen (ebd., S. 14). Hierzu soll erstens ein Überblick über internationale Entwicklungen gegeben, zweitens die Theorieentwicklung aufgezeigt und drittens ein Einblick in die Praxis der bundesdeutschen Patientenberatung vermittelt werden. Interdisziplinarität wird dabei nicht nur als Merkmal des gesamten Gegenstandsbereiches – also der Patientenberatung – gesehen, sondern gehört auch zur Programmatik des vorliegenden Buches: Es wurde von Autor/innen unterschiedlicher Disziplinen – Gesundheitswissenschaften, Pflegewissenschaft, Sozial- und Erziehungswissenschaft u. a. – verfasst und wendet sich gleichermaßen an Leser/innen dieser verschiedenen Fachrichtungen. Als Zielgruppe werden dabei sowohl Studierende wie auch Praktiker/innen und Wissenschaftler/innen anvisiert.

Entsprechend der Zielsetzung gliedert sich das Buch in drei Teile. Im Teil I stehen „Internationale Perspektiven“ zur Patientenberatung und Nutzerinformation im Vordergrund. Zunächst wird die Situation in fünf Ländern – Großbritannien, Australien, USA, Dänemark und Schweden – aufgezeigt und anschließend detailliert auf die Entwicklung in Deutschland eingegangen. Interessant ist nicht nur der Einblick in die Vielschichtigkeit internationaler Entwicklungen, sondern auch in deren unterschiedliche Bewertungen. Einerseits wird der Patientenberatung ein enormes Potenzial zugeschrieben: So wird beispielsweise für Großbritannien prognostiziert, dass durch sie „bis 2020 aufgrund gestärkter Selbstversorgungskompetenzen die Zahl der Besuche bei Allgemeinärzten um 40% und die Zahl der stationären Krankenhausaufenthalte um 17% gesenkt werden könne“ (ebd., S. 19). Des Weiteren wird ihre Relevanz bei der Stärkung von Patientenrechten und der Demokratisierung des Gesundheitswesens positiv hervorgehoben. Auf der anderen Seite werden auch kritische Aspekte benannt, wie beispielsweise die eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten für sozial- und bildungsbenachteiligte Personengruppen. Oder es wird die Problematik einer rein ökonomisch, auf Kundenwerbung bzw. Konsumentengewinnung ausgerichteten Beratungsphilosophie diskutiert.

Im Teil II – vom Umfang her dem Hauptteil des Buches – geht es um „Konzeptionelle Aspekte der Patientenberatung“. Hier werden an erster Stelle zentrale Beratungskonzepte dargestellt: Im Mittelpunkt stehen dabei theoretische Hintergründe und Handlungsmaximen einer alltags- und lebenswelt-, ressourcen- und lösungsorientierten, Diversität berücksichtigenden und Empowerment fördernden Beratung. Der bei diesen Ausführungen durchschimmernde sozialpädagogische Blick ist sehr erhellend und bereichernd, hätte jedoch in Bezug auf die besondere Lebenslage der spezifischen Klientel „Patienten/-innen/Angehörige“ – ihre mitunter existenziellen Bedrohungen und biografischen Umbrüche – an einigen Stellen etwas pointierter sein können (das trifft besonders für die Ausführungen zur „Lösungsorientierten Beratung“ zu; vgl. ebd. S. 106 ff.). Der prinzipiellen Klärung folgen in einem zweiten Abschnitt eine Abgrenzung von Information, Aufklärung, Beratung und Therapie. Dies geschieht nicht nur auf einer definitorischen Ebene, sondern sehr viel tiefgehender, indem die Interventionslogiken der vier Bereiche systematisch einander gegenübergestellt werden. Dabei wird sehr schön herausgearbeitet, dass und weshalb Beratung weder „kleine Psychotherapie“ (ebd., S. 128) noch bloße Informationsweitergabe ist. Vielmehr ist sie eine pädagogische Intervention, die sich durch einen spezifischen Mix an Herausforderungen – vom kontextuellen Fallverstehen über die Perspektivübernahme bis hin zur Förderung von Handlungskompetenz – charakterisieren lässt. Den handlungsbezogenen schließen sich in einem dritten Abschnitt institutionsbezogene Überlegungen an. Hier wird differenziert dargelegt, dass und inwiefern zentrale Aufgaben institutionalisierter Patientenberatung in der Übernahme unterschiedlicher Funktionen, z. B. Kontakt-, Wegweiser- und Beschwerdefunktionen, liegen. Im Blick auf die konkrete Aufgabenwahrnehmung wird erörtert, welche Möglichkeiten, aber auch Grenzen die Beratungseinrichtungen haben, ihre Klientel beim Bewältigen von Krankheit, Lösen von Problemen, Treffen von Entscheidungen u. a. zu unterstützen. Der Tatsache, dass es unterschiedliche Formen bzw. Kommunikationswege gibt, Patienten/-innen zu beraten, wird der vierte Abschnitt gerecht. Hier werden Nutzerdaten, Merkmale, Vorteile und Probleme der Face-to-Face-, Telefon- und Internetberatung aufgezeigt. Ein ganz besonderes Verdienst dieses Abschnitts ist die ausgesprochen differenzierte Beleuchtung der Thematik, die vorschnellen Meinungen wie z. B. „das Gespräch ist die einzig effektive Beratungsform“ Einhalt gebietet und zur abwägenden Einschätzung bzw. Nutzung der verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten auffordert. Den Abschluss des zweiten Teils bildet ein Abschnitt, der den Nutzer/innen des Beratungswesens gewidmet ist. Hier erhält man u. a. sehr interessante und aktuelle Daten zu Alter, Geschlecht, sozialer Herkunft und Bildungshintergrund der Beratungsempfänger/-innen sowie Hinweise über von ihnen nachgefragte Themen.

Teil III enthält sieben Beiträge zu den „Praxisfeldern der Patientenberatung und Nutzerinformation“. Hier zeigt sich zum einen der innerhalb von nur wenigen Jahren in Deutschland entstandene Facettenreichtum an Beratungsaktivitäten, -themen und -institutionen. Er reicht von „allgemeiner“ Verbraucher- bzw. Patientenberatung über Krankenversichertenberatung durch Callcenter, Arzneimittel- oder zahnärztlicher Beratung bis hin zur Online-Beratung für Menschen mit Essstörungen. Zum anderen machen die beschriebenen Praxisbeispiele nochmals komprimiert zentrale Spannungsfelder der Patientenberatung deutlich – beispielsweise Unabhängigkeit vs. Interessenorientierung; emanzipatorische vs. ökonomische Motivation; punktuell-situativ vs. kontextuell-biografisch ausgerichtete Beratungsstrategien; Vorstellungen vom Patienten als zu umwerbenden Kunden bzw. Konsumenten vs. Vorstellungen von ihm als eher leidendem, unterstützungsbedürftigem Menschen. Und zum dritten illustriert gerade dieses Kapitel noch einmal explizit, was Herausgeber/-innen und Autor/innen an vielen anderen Stellen des Buchs betont haben: dass es in Deutschland zwar einen enormen Wachstum an Beratungsaktivitäten, jedoch noch wenig Forschungsergebnisse dazu gibt, ob, inwiefern und wodurch diese wirksam sind.

Insgesamt zeichnet sich das von Doris Schaeffer und Sebastian Schmidt-Kaehler herausgegebene „Lehrbuch Patientenberatung“ durch eine enorme, auf das Wesentliche komprimierte Informationsdichte und -vielfalt aus. Gleichzeitig enthält es viele kritisch reflektierende Passagen, die den Leser bzw. die Leserin zum Innehalten und Nachdenken anregen. Dabei ist es ausgesprochen gut zu lesen und sogar manchmal – für ein Fachbuch ungewöhnlich – richtig spannend. Nicht zuletzt sind der systematische Aufbau, die Auswahl der Beiträge und die „einheitliche Handschrift“ des Buches ein Beleg dafür, dass Herausgeber/-innen und Autor/innen „interdisziplinäre Zusammenarbeit“ nicht nur propagieren, sondern in überzeugender und ausgezeichneter Form umzusetzen in der Lage sind.

Hinsichtlich der eingangs aufgestellten Annahme, dass Beratung zu einem zentralen Tätigkeitsfeld Pflegender werden könnte, ist das Buch von Schaeffer/Schmidt-Kaehler eine hervorragende Grundlage, die Pflegenden auf einer interdisziplinären Basis sowohl theoretische Hintergründe liefert wie auch vielfältige Handlungsoptionen aufzeigt. Die Frage jedoch, was das speziell für die pflegerische Profession und deren Handeln bedeutet, bleibt offen. Und genau an dieser Stelle setzt das Buch von Christa Hüper und Barbara Hellige „Professionelle Pflegeberatung und Gesundheitsförderung für chronisch Kranke“ an. (Rezension in der nächsten Ausgabe von PrInterNet).

Gesundheitsökonomie<BR>Lehrbuch für Mediziner und andere Gesundheitsberufe (Rezension)

Gesundheitsökonomie
Lehrbuch für Mediziner und andere Gesundheitsberufe ( Lauterbach, Karl W. et al.)

Huber Verlag, Bern, 2006, 349 Seiten, 34,95 Euro, ISBN-13: 978-3456843339

Rezension von: Prof. Dr. Hermann Brandenburg

Das Buch besteht aus vier großen Kapiteln. Am Anfang – und das ist bemerkenswert – steht eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Ethik und Ökonomie in der Medizin“. Es folgt ein umfangreicher Beitrag über die „ökonomischen Grundlagen des Gesundheitssystems“. An dritter Stelle steht ein „Vergleich von Gesundheitssystemen“. Das Buch schließt mit einem kürzeren Text über „Methoden der gesundheitsökonomischen Bewertung“. Insgesamt liefert das Buch eine für Mediziner (und andere Gesundheitsberufe) verständliche Einführung in ökonomische Denkweisen und Hintergründe des Gesundheitssystems. Fragen der von den Autoren kritisch gesehen „Kostenexplosion“ werden genauso debattiert wie die Struktur von ambulanter und stationärer Versorgung oder der Arzneimittelversorgung. Wichtig sind die Erläuterungen zum Aufbau und zur Struktur des Krankenversicherungssystems und zur Finanzierung des Gesundheitssystems insgesamt. Weiterführend und über den Tellerrand des deutschen Systems hinausblickend sind die Ausführungen zum Vergleich der Gesundheitssysteme, wobei hier so unterschiedliche Länder wie die Schweiz, Frankreich, Italien, Schweden, Großbritannien und – last but not least – die USA vorgestellt werden. Typisch aber auch für dieses Buch und viele andere mehr ist die Vernachlässigung des stationären und (ambulanten) Langzeitpflegebereichs. Während innovative Modelle und Ansätze für den stationären Krankenhausbereich, die ambulanten Pflege (hier vor allem: Hausarztmodell, Disease Management, integrierte Versorgung) beschrieben werden, so fehlen entsprechende Hinweise für die stationäre Langzeitpflege. Dort werden aber bereits seit Mitte der 90er Jahre mehr Menschen betreut als in der Akutversorgung der Krankenhäuser. Dies ist als Hinweis für weitere Auflagen des zu empfehlenden Lehrbuchs zu verstehen.

Kritik bedeutet, dass man Unterscheidungen trifft. Und in diesem Sinne sei eine kritische Anmerkung gestattet. Die Autoren drücken in ihrem Vorwort die Hoffnung aus, dass das Buch dazu beiträgt „Medizin und Ökonomie in Einklang“ zu bringen. Dies kann man vornehm zurückhaltend, aber auch kritisch interpretieren. Zunächst einmal gibt es sicher nicht die Ökonomie oder die Medizin. Die verschiedenen Strömungen und Richtungen innerhalb dieser beiden Disziplinen werden zugunsten der Darstellung des Mainstreams vernachlässigt. Dies ist einerseits verdienstvoll, andererseits – gerade für ein Lehrbuch – nicht ausreichend. Eine ähnliche Einschätzung möchte ich auch im Hinblick auf die Berücksichtigung der Ethik-Debatte vornehmen. Es ist sicher kein Zufall, dass die Autoren in ihrem ersten Kapitel bereits umfassend ethische Fragen ansprechen und grundlegende Herausforderungen konkret benennen, u.a. Kostenanstieg/Kostenbegrenzung oder Gerechtigkeitsüberlegungen. Ob allerdings die Fokussierung utilitaristischer, liberaler und tugendethischer Perspektiven am Ende ausreicht, dies kann durchaus bezweifelt werden. Ich möchte dies an einem Bespiel kurz verdeutlichen: Rationierung in Medizin und Pflege findet real statt; deren Bewältigung ist vor allem ein gesellschaftspolitisches Thema, aber auch eine Frage der Verantwortung von Institutionen und Verbänden, deren strategischer Ausrichtung und dem Einsatz von personellen und zeitlichen Ressourcen. Ich möchte damit nicht den Wert deontologischer Ansätze in Zweifel ziehen. Ich bin sogar davon überzeugt, dass diese Perspektive gerade in der heutigen Situation in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Aber ich bin skeptisch, ob letztlich die Betonung individueller Verantwortung, Pflicht oder Nützlichkeitserwägungen wirklich der offenen und versteckten Rationierung in der Praxis entgegenzuwirken vermag. Vielmehr halte ich es für notwenig, dass eine entsprechende Kultur in den Institutionen (Krankenhäuser, Pflegeheime) vorhanden sein, die von Leitungsstrukturen und Rahmenbedingungen geprägt sind, welche den Satz „der Menschen steht bei uns im Mittelpunkt“ für die Praxis des Alltags ernst nimmt.

Trotz dieser kritischen Ergänzung möchte ich keinen Zweifel daran lassen dieses Lehrbuch für Mediziner, Pflegende und andere Gesundheitsfachberufe zu empfehlen. Unter anderem auch deswegen, weil diese Berufsgruppen – in der Zukunft stärker denn je – mit gesundheitsökonomischen Fragen und Problemstellungen konfrontiert werden. Mit dem Hinweis auf die Ethik verweist das Buch bereits über die Grenzen der Ökonomie hinaus.

Bücher zum Thema „Pflegedokumentation“ (Rezension)

Bücher zum Thema „Pflegedokumentation“ ()

Rezension von: Paul-Werner Schreiner

Pflegedokumentation ist gesetzlich vorgeschrieben, also unabdingbar notwendig, aber mindestens ebenso unbeliebt; dass Pflegedokumentation Pflegearbeit ist, wird vielfach nicht eingesehen. Das Argument, man sollte die Zeit, die man mit Dokumentieren verbringt, lieber für die Pflege aufwenden, ist nicht nur am „Pflege-Stammtisch“ zu hören; der Rezensent musste sich einmal von einer Pflegedienstleitung sagen lassen, er würde in der Pflege fehlen, wenn er an der Pflegedokumentation arbeitet.

Neben der Einsicht in die zwingende Notwendigkeit der Pflegedokumentation, kann natürlich nicht geleugnet werden, dass der Umfang des zu Dokumentierenden in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat – dies wiederum ist kein Spezifikum der Pflege, auch die Ärzte leiden darunter.

Für die Pflegedokumentation muss danach gelten „So viel wie notwendig und so wenig wie möglich“. Dieses Motto sollte auch Leitfaden sein, wenn man neue Publikationen zum Thema liest.

Hellmann, Stefanie
Pflegeplanung

Formulierungshilfen nach den AEDL – angelehnt an Juchli, Roper und Krohwinkel
Schlütersche Verlagsgesellschaft (Brigitte Kunz Verlag), Hannover, 2008, 2. aktual. Aufl., CD-ROM, 125,00 €, ISBN 978-3-89993-440-3

Die CD wird eingelegt und ist schnell installiert. Es handelt sich jedoch nicht um ein Programm im eigentlichen Sinn, sondern um eine Excel-Datei mit einer Eingabe-Maske. Startet man AEDL 2, wird man aufgefordert, einen neuen Patienten anzulegen – sind dann schon Patienten angelegt, kann man diese aufrufen und bearbeiten.

Zum Anlegen des Patienten werden Stammdaten eingegeben, wobei hier die Eingabe von nur minimalen Angaben vorgesehen ist, z. B. keine Bezugsperson, keine juristische Vertretung. Die eingegebenen Daten werden abgespeichert, wonach man wieder zur vorhergehenden Maske gelangt, über die man nach eingegebenen Patienten suchen kann. Die minimalen Stammdaten des ausgewählten Patienten erscheinen jetzt wieder und darüber anklickbare Reiter für die 13 AEDLs.

Unter jeder AEDL erscheint nun in vier Spalten (Pflegeprobleme/-diagnose, Kompetenzen/Ressourcen, Ziele, Maßnahmen) eine große Fülle von Formulierungsvorschlägen, die es anzukreuzen gilt. Zu jedem einzelnen Punkt können frei formulierte Ergänzungen hinzugefügt werden. Hat man diese Arbeit beendet – entweder für alle AEDLs oder auch nur für einzelne –, kann man die Eintragungen speichern (dabei gibt es die Option, die Bearbeitung zu verwerfen, deren Funktion sich nicht wirklich erschließt) und/oder in eine Excel-Datei exportieren. Es erscheint dann ein Excel-Datenblatt in DIN A 4-quer-Format, das zum Ausdruck vorgesehen ist. Für das Handzeichen der zuständigen Pflegekraft ist eine 5. schmale Spalte vorgesehen.

Formal ist es in der Tat gut vorstellbar mit diesem Material eine Pflegeplanung zu erstellen.

Drei Punkte sind aus der Sicht des Rezensenten inhaltlich diskussions- bzw. kritikwürdig:

  • Alle Formulierungen sind in Satzfragmenten oder Stichworten gehalten. Was bei den Maßnahmen noch einleuchtet und angehen mag, muss jedoch für Ressourcen, Probleme und Ziele problematisiert werden. Es sei an den berühmten Spruch von Konfuzius erinnert: „Man fragte Konfuzius einmal, womit er beginnen würde, wenn er ein Land zu verwalten hätte. ‚Ich würde den Sprachgebrauch verbessern‘ antwortete der Meister. Seine Zuhörer waren erstaunt. Das hat doch mit unserer Frage nichts zu tun, sagten sie, ‚was soll die Verbesserung des Sprachgebrauchs?‘ Konfuzius antwortete: ‚Wenn die Sprache nicht stimmt, so ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist. Ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist, so kommen die Werke nicht zustande. Kommen die Werke nicht zustande, so gedeihen Moral und Kunst nicht. Gedeihen Moral und Kunst nicht, so trifft die Justiz nicht. Trifft die Justiz nicht, so weiß die Nation nicht, wohin Hand und Fuß setzen. Also dulde man keine Willkürlichkeit in den Worten. Das ist es, worauf alles ankommt.‘“ Man muss die Skepsis an der Sprachverkürzung aber nicht nur an dem alten Konfuzius festmachen; ein jüngerer Zeuge – Björn Engholm – schrieb in der April-Ausgabe 2008 von DAS PLATEAU: „Was mich irritiert, ist die wachsende Verkürzelung der Sprache, die immer auch Entleerung bedeutet. Denn damit verringert sich die Fähigkeit des vielfältigen und fantasievollen Ausdrucks. Es schwindet nicht nur Verstand, es schwinden Herz und Seele und Gefühl aus der Sprache. Wer sich auszudrücken verlernt oder es gar nicht erst gelernt hat, verliert die Fähigkeit, sich verständlich zu machen, am Ende verstanden zu werden und langfristig auch die Fähigkeit, andere und anderes zu verstehen. Form- und Ausdrucksverlust führen automatisch zu Inhaltsverlusten, aber wozu dient Sprache, wenn nicht zum Transport von Inhalten? Die Pflege der Sprache ist eine unverzichtbare Bedingung (bildungsbürgerlich gesprochen: eine Conditio sine qua non) für den Erhalt einer lebendigen Kultur.“ Es gilt nach wie vor, dass ein Berufsstand nur so angesehen ist und wird, wie er sein Tun nach außen transportieren kann – und dafür scheinen mir die Formulierungsvorschläge von Frau Hellmann nicht geeignet zu sein. (Das Argument, dass die Angehörigen eines etablierten Berufsstandes – der Ärzte – es nicht besser machen, was wohl weitgehend richtig ist, zählt nicht.) Ärgerlich ist, dass es keinen Aufwand bedeutet hätte, die Formulierungsvorschläge in Sätze zu fassen. Das leitet über zum zweiten Kritikpunkt.
  • Der Name des Patienten taucht zwar in der Headline des Ausdruckes auf, ansonsten ist dieser aber ein Neutrum – eine Sache. Dies kann nur als pflegerische Unkultur bezeichnet werden. Es wäre datentechnisch kein Problem, entweder den ganzen Namen oder ein generiertes Kürzel an den Anfang eines kompletten Satzes zu stellen.
  • Der dritte Punkt betrifft die primäre Orientierung an den Pflegeproblemen. Man muss nicht ein gläubiger Jünger von Frau Orem sein, um es für sinnvoll zu erachten, in Bezug auf die Pflege eines Patienten erst einmal nach den Möglichkeiten des Patienten zu schauen und erst dann nach seinen Problemen.
Formal bleibt die von Hellmann vorgelegte Pflegeplanungshilfe auf halber Strecke stehen. Und es ist sehr wohl zu fragen, ob dafür der Preis von 125 Euro gerechtfertigt ist. Eine wirkliche Hilfe wäre doch, wenn in einem datenbankbasierten Programm (was noch weit entfernt wäre von einer kompletten EDV-Pflegedokumentation) aus einem vorgeschalteten, an den AEDLs strukturierten Anamnesebogen die zentralen Ressourcen und Pflegeprobleme des betroffenen Menschen identifiziert würden, womit dann auch zumindest schon einmal eine ganze Reihe von Maßnahmen automatisch verknüpft werden könnten. Dies schließt eine der individuellen Situation angepasste Überarbeitung und Ergänzung der Pflegeplanung nicht aus. Es ließe sich damit noch ein weiteres Dokumentationsproblem lösen: Die Informationen, die bei der Aufnahme eines Patienten erhoben werden, sind in der Regel genau die Informationen, die auch von denen benötigt werden, die ggf. die Pflege an anderem Ort weiterführen müssen/sollen. Der datentechnisch erfasste Anamnesebogen wäre dann – aktualisiert – gleichzeitig ein hervorragender Pflegeüberleitungsbogen.

MOSBY, Marina Schnabel und Uwe Krämer
Pflegedokumentation leicht gemacht
Was Pflegende wann und wie dokumentieren müssen
Verlag Hans Huber, Bern, 2005, 2., korr. und erw. Aufl., 358 S., 1 Abb., 10 Tab., 34,95 €, ISBN: 978-3-456-84160-1

Bei dieser Publikation handelt es sich um die Übersetzung eines amerikanischen Fachbuches, das von zwei deutschen Pflegepädagogen bearbeitet wurde.

Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert:

  • Die Versorgung der Patienten
    Nach einleitenden Ausführungen zur Aufnahmeuntersuchung wird die Situation von Patienten mit Gesundheitsproblemen vorwiegend aus dem internistisch/konservativen Spektrum beschrieben, verbunden mit Erläuterungen, was jeweils dokumentiert werden muss/sollte und was dabei im Besonderen zu beachten ist.
  • Der Umgang mit schwierigen Patientensituationen
    Hier werden Situationen, wie Behandlungsverweigerung, angedrohter Suizid und Fixierung, aufgegriffen mit Hinweisen auf die jeweiligen Dokumentationspflichten.
  • Der Umgang mit schwierigen Situationen im Berufsalltag
    In diesem Abschnitt werden Problemsituationen beschrieben, wie Fälschung der Krankenakte oder beobachtetes fahrlässiges Verhalten von Kollegen, und erörtert, wie in solchen Fällen vorgegangen werden kann.
Auf den Innenumschlagseiten findet der Leser Hinweise zum schnelleren Auffinden von Tipps und Juristischen Ratschlägen Wer beim Lesen des Haupttitels das Buch mit der Erwartung aufschlägt, etwas über leichteres Führen der Pflegedokumentation zu erfahren, ist schnell enttäuscht. Der Untertitel ist eher zutreffend. Es werden eine Fülle von unsystematisch zusammengestellten Situationen beschrieben und dargelegt, was jeweils dokumentiert werden muss/sollte. Vieles davon geht nicht wesentlich über die Grundanweisung zur Dokumentation, dass eben alles, was geschieht, tunlichst zu dokumentieren ist, hinaus. Nicht wenige der beschriebenen Situationen werden bei einem deutschen Leser nur Verwunderung hervorrufen – sie kommen nämlich zumindest in Deutschland nicht vor. Nur an wenigen Stellen weisen die Herausgeber gezielt darauf hin, dass die Situation in Deutschland eine andere ist, ohne dass aber immer dargelegt würde, wie denn in Deutschland zu verfahren wäre. Und da wo bezogen auf die Situation in Deutschland Informationen sinnvoll wären, z. B. bei den freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, vermisst man solche schmerzlich. Bei den Ausführungen zu „Ihre Patientin wird verlegt oder entlassen“ fehlt jeder Hinweis auf den in Deutschland vorhandenen Expertenstandard „Entlassungsmanagement“. Die Ausführungen zu „So vermeiden Sie die Fallstricke der computergestützten Dokumentation“ sind derart dürftig, dass sie eigentlich in einem Fachbuch nichts verloren haben.

Dem Rezensenten drängte sich die Frage auf, wie weit man sich eigentlich von der Realität entfernen haben muss, wenn man meint, dass ein solches Buch hilfreich sein könnte. Angesichts der Tatsache, dass die deutschen Herausgeber studierte Pflegepersonen sind und eine davon die Leitung einer großen Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätte innehat, kann der Rezensent ein gewisses Erschrecken nicht verhehlen – verständlich wird ihm aber, weshalb Auszubildende im Praxiseinsatz famose Dinge über die Pflegedokumentation erzählen, die sie für die Prüfung erlernen müssen, aber in der Praxis nie erleben.

An die Programmleitung des Verlages ist die kritische Frage zu richten, ob es wirklich förderlich ist, jede Publikation, die in Amerika vielleicht durchaus relevant ist, ins Deutsche übersetzen zu lassen.

Das vorliegende Buch vermag der Rezensent in jedem Fall – zumal bei dem stattlichen Preis – nicht zu empfehlen.

Mahlberg-Breuer, Angelika und Ursula Mybes (Hrsg.)
Pflegedokumentation stationär

Handbuch für die Pflegeleitung
Vincentz Network, Hannover, 2007, 264 S., 24, 80 €, ISBN 978-3-86630-045-3

In den Jahren 2004 bis 2006 wurde im Auftrag des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein Projekt „Identifizierung von Entbürokratisierungspotenzialen in Einrichtungen der stationären Altenpflege“ durchgeführt. Ein Ergebnis des Projektes war die Empfehlung, ein Handbuch für die Pflegedokumentation zu erstellen. Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis des vom Ministerium erteilten Auftrages. Ansprechpartner sind die Leitungen Pflegeeinrichtungen, die als die zentral für die Pflegedokumentation Verantwortlichen herausgestellt werden. Die Herausgeber betonen, dass die Ausführungen noch einmal begrenzt wurden auf die Situation in den klassischen Heimeinrichtungen; die besonderen Bedingungen in der Kurzzeit- und Tagespflege wurden nicht berücksichtigt.

Nach einer Einführung werden im zweiten Kapitel die Elemente der Pflegedokumentation beschrieben, unterteilt in Basiselemente (Stammdaten, Erstgespräch, Pflegeanamnese, Biografiebogen, Ärztliche Verordnung, Erkennen von Problemen und Ressourcen, Festlegen der Pflegeziele, Planen der Pflegemaßnahmen, Leistungsnachweis, Pflegebericht) und Zusatzelemente (Assessmentbögen, Lagerungsprotokoll, Bewegungsnachweis, Trinkprotokoll/-plan, Ernährungsprotokoll/-plan, Bilanzierungsprotokoll, Miktionsprotokoll, Schmerzprotokoll, Nachweis freiheitsentziehender Maßnahmen, Vitalwerteprotokoll, Leistungsnachweis Sozialer Dienst, Wunddokumentation). Am Ende des Kapitels werden Vorschläge für die Praxis formuliert: Grundsätzlich muss es danach den Leitenden freigestellt sei, welches Pflegedokumentationssystem sie wählen (manuell, EDV oder Mischsystem); es wird weiter empfohlen, über die Basiselemente hinaus möglichst sparsam mit Zusatzelemente umzugehen und nicht ständig Neuerungen einzuführen.

Nicht ganz zu folgen vermag der Rezensenten der Empfehlung, dass die Pflegeplanung primär an den Pflegeproblemen orientiert werden statt an den Ressourcen; hierin spiegelt sich ein problematisches und überkommenes Pflegeverständnis wider. Wünschenswert wäre in diesem Kapitel gewesen, dass im Zusammenhang mit dem Pflegebericht die vielerorts bestehende Anordnung kritisch diskutiert worden wäre, wonach in jeder Schicht etwas im Pflegebericht eingetragen werden muss, was in der Regel dazu führt, dass in den Pflegeberichten viel redundanter Unsinn bzw. Umschreibungen von „Nichts Besonderes“ steht.

Im dritten Kapitel werden dann spezielle Regeln zum Führen der Pflegedokumentation bei Dekubitus, Mangelernährung und Flüssigkeitsdefizit Sturz, Demenz Inkontinenz, Kontrakturen, Schmerz, Pneumonie, Thrombose und Munderkrankungen erörtert, jeweils mit Vorschlägen am Ende der Abschnitte, was vermieden werden sollte und was im Besonderen zu beachten ist.

Dem problematischen Bereich der ärztlichen Verordnungen ist am Ende des dritten Kapitels ein eigener Abschnitt gewidmet. Nicht zutreffend ist hier die Darstellung über den Umgang mit den Betäubungsmitteln; hier wäre eine Richtigstellung wichtig, da auch vor Ort ein hohes Maß an Unkenntnis herrscht. Zutreffend ist, dass Einrichtungen der stationären Altenhilfe im Betäubungsmittelgesetz nicht als Abgabestelle erwähnt werden. In § 5b der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung ist jedoch eindeutig festgelegt, dass wenn der Arzt die für einen einzelnen Bewohner verschriebenen Betäubungsmittel in der stationären Einrichtung belässt, dort die gleichen Verwahr- und Dokumentationsvorschriften gelten, wie in der Klinik. Daraus ergibt sich, dass ein Betäubungsmittelnachweis im dafür vorgeschriebenen Betäubungsmittelaufbewahrungsort zu führen ist, der drei Jahre aufbewahrt werden muss. Nicht richtig ist, dass die Dokumentation auch auf einem Einlegeblatt in der Bewohnerdokumentation erfolgen kann. Der Sichtweise, dass ein BTM-Buch geeigneter ist als ein Ordner mit Einlegeblättern, muss entschieden widersprochen werden, da im Heim pro Medikament und Bewohner ein separates Blatt anzulegen ist, was in den Büchern stets zu einem ausgeprägten Durcheinander führt. Die Abgabe der Betäubungsmittel ist in der Bewohnerakte angemessen zu dokumentieren, was hinsichtlich der alle 72 Stunden zu applizierenden Pflaster besondere Überlegungen erfordert. Die Dokumentationserfordernisse, die sich aus einer Änderung des § 5b Betäubungsmittelverschreibungsverordnung zum Januar 2007, wonach nicht verbrauchte Betäubungsmittel nicht mehr vernichtet, sondern bei anderen Patienten/Bewohnern verwendet werden können, konnten vermutlich bei Drucklegung des Buches nicht mehr bedacht werden.

Im vierten Kapitel wird sachgemäß herausgearbeitet, dass das Pflegesystem und die Leitungsstruktur der Einrichtung erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Pflegedokument