Theorien und Modelle der Pflegedidaktik. Eine Einführung

Theorien und Modelle der PflegedidaktikRoswitha Erlt-Schmuck und Jonas Hänel (Hrsg.) 

Beltz Juventa, Weinheim Basel, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, 2022, 378 Seiten, 24,95 €, ISBN 978-3-7799-2404-3 

 

Das vorliegende Werk ist bemüht, einen Überblick über den theoretischen Korpus der Pflegedidaktik als Wissenschaftsdisziplin zu vermitteln. Folge dessen gibt es einen starken Blick auf die Theorieentwicklung. 

Roswitha Ertl-Schmuck war Professorin für Gesundheit und Pflege/Berufliche Didaktik an der Technischen Universität Dresden, Jonas Hänel ist Lehrer für Pflegeberufe und examinierter Krankenpfleger und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Gesundheit und Pflege/Berufliche Didaktik an der Technischen Universität Dresden tätig.

Die Publikation ist Teil eines vierbändigen Werkes, das die disziplinäre Entwicklung der Pflegedidaktik zusammenfasst. Die aktuelle Auflage stellt, als Band 2 des Werkes, Theorien und Modelle dar. 

Ertl-Schmuck und Hänel führen als Herausgeber*innen mit „gegenwärtigen Fragestellungen und Herausforderung der Pflegedidaktik“ in ein sehr komplexes Thema ein. In den ersten weiteren Beiträgen über „Grundlagenforschung“ und einer „Theorie transformatorischer Pflegebildungsprozesse“ bewegen sich die Autor*innen noch sehr stark im wissenschaftstheoretischen Feld, in den „Theorien“ des Buches. Man bewegt sich hier naturgemäß auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau des Themas. Es folgt ein Übergang zu den „Modellen“ und damit einhergehend auch zu einem sprachlichen Konkreter-werden. Den Abschluss bilden eine Synopse und ein Ausblick der beiden Herausgeber*innen.

Ein Kernproblem, das bereits im Vorwort Erwähnung findet, ist das unzureichende Ankommen von Theorien, Modellen und Forschungsbeständen in der Bildungspraxis. Diesem Problem wollen sich die Herausgeber*innen in der Neuauflage explizit widmen. Dabei werden die Probleme, die im Übrigen auch der Disziplin der Pflegewissenschaft nicht fremd sind, sehr plakativ dargestellt. Seien es der mangelnde Theoriebezug von Praktiker*innen, die zunehmende Anwendungsorientiertheit in der Bildung, die Reduziertheit in der Anwendung von Modellen oder das erforderliche Kompetenzniveau erkenntnistheoretische Grundlagen und wissenschaftstheoretische Hintergründe ausreichend zu beherrschen. 

Da es vermutlich weder möglich ist, die erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Hintergründe ausreichend darzustellen noch es gelungen ist, den Gegenstand so weit herunterzubrechen, ihn einer breiteren Gruppe als der Disziplinelite verfügbar zu machen, ist die Zielgruppe recht klar abgesteckt.

Für die wissenschaftliche Auseinandersetzung werden immer wieder spannende Fragen aufgeworfen, die es im weiteren akademischen Diskurs, sei es über Dissertationen oder Habilitationen, zu beantworten gilt. Dabei sei zu beachten, dass die Diskussion und infolgedessen die Disziplin nicht zum Selbstzeck verkommen.

Aus Sicht einer „Anwendungsdisziplin Pflegedidaktik“ also einer praxis- und handlungswissenschaftlichen Perspektive, die mitunter weniger vertraut ist mit den philosophischen Grundlegungen, wird der disziplinenverbindende Bogen wenig gespannt.

In Anbetracht der allgemeinen gesellschaftlichen Situation (Stichwort demografische Entwicklung, chronische Erkrankungen, Fachkräftemangel etc.), im Rahmen derer „die Pflege“ zunehmend komplexer wird richtet sich der Blick auch auf die Ausbildung von Pflegekräften. Mit „Theorien und Modelle der Pflegedidaktik. Eine Einführung“ wird nicht nur ein sehr aktuelles, sondern vor allem auch hochrelevantes Themenfeld betrachtet. 

Auch wenn im deutschsprachigen Raum weder die pflegerische Grundausbildung noch die Pflegepädagog*innenausbildung eine vollständige Überführung in den tertiären Bildungssektor erfahren haben, so beweisen Ertl-Schmuck und Hänel den nötigen theoretischen Unterbau und die dazugehörige wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung. Damit leisten sie mit ihrem Werk einen wesentlichen Beitrag zur angestrebten Akademisierung der Pflege.

Eine Rezension von Manuel Pfeilstecher MBA MSc

Simulation in der Ausbildung von Gesundheitsberufen

Simulation in der Ausbildung von GesundheitsberufenKathrin Susanne Radl, Melanie Breznik & Isabella Wilhelmer

facultas Verlag Wien, 1. Auflage 2022,  180 Seiten, 24,20 €, ISBN 9783708922560

 

Das Buch "Simulation in der Ausbildung von Gesundheitsberufen" von Kathrin Susanne Radl, Melanie Breznik und Isabella Wilhelmer bietet einen umfassenden Einblick in die Anwendung von Simulationen als Lehr- und Lernmethode im Gesundheitswesen. Veröffentlicht im Jahr 2022 im facultas Verlag, widmet sich das Werk pädagogisch fundiert den Potentialen der Implementierung des simulationsbasierten Lehrens und Lernens in der Ausbildung von Gesundheitsberufen. Die Verfasserinnen sind akademisierte Ausbilderinnen in der Lernstation/ dem Skills Lab des Bacherlorstudiums „Gesundheits- und Krankenpflege“ an der FH Kärnten und können so eine große Praxisexpertise nachweisen.

Die Autorinnen präsentieren praxisnahe Unterstützung und wertvolle Einblicke für Lehrende der Gesundheits- und Krankenpflege sowie anderer Gesundheitsberufe wie z. B. Hebammen und Physiotherapeuten. Das Buch bezieht sich auf aktuelle Lehr-Lernkonzepte, die den Auszubildenden einen sicheren Rahmen bieten, um berufstypische Handlungen zu üben und berufliche Handlungskompetenz zu entwickeln.

Hervorzuheben ist, dass die Autorinnen in ihrer Veröffentlichung nicht nur das reine Fertigkeiten- oder Skillstraining darstellen, sondern, neben einer übersichtlichen Begriffsdefinition, die Bedeutung der Simulation für die Förderung von kommunikativen und interprofessionellen Kompetenzen sowie den Aufbau eines beruflichen Selbstverständnisses als Ziel des simulationsbasierten Lehrens und Lernens anbahnen. Durch die Integration von theoretischen Grundlagen, Lerntheorien und praxisorientierten Beispielen bietet das Buch eine umfassende Darstellung der Simulation als Lehrmethode.

Besonders hervorzuheben ist die Verbindung zu den INACL-Standards aus den USA, die dem Werk eine internationale Perspektive verleihen. Die Autoren grenzen ihre Inhalte bewusst von bisherigen, häufig medizinorientierten Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum ab und legen großen Wert auf eine pädagogisch begründete Herangehensweise. Trotzdem integrieren sie relevante Bezüge aus den Erkenntnissen der medizinischen und luftfahrtbezogenen Simulationen und beziehen dadurch die Orientierung an „Human Factors“ und das „Crises Resource Management“ ein, um kommunikative Kompetenzen im Team zu fördern.

Insgesamt bietet "Simulation in der Ausbildung von Gesundheitsberufen" einen fundierten Leitfaden für Lehrende und Interessierte, die sich mit der Integration von Simulationen in die Gesundheitsberufsausbildung befassen. Sowohl theoretisch als auch praktisch überzeugt das Buch durch eine klare Struktur, praxisnahe Beispiele und einen internationalen Bezug. Es trägt dazu bei, die Bedeutung von Simulationen als effektive Lehrmethode im Gesundheitswesen weiter zu unterstreichen.

Eine Rezension von Meike Schwerman
FH Münster, Fachbereich Gesundheit, 1. Vorsitzende SimNAT Pflege e.V

Ordnungsmittelanalyse zur beruflichen Pflegeausbildung – Neuordnungen als eigene Angelegenheit der Bundesländer

ordnungsmittelanalyse zur beruflichen PflegeausbildungFrank Arens

Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin, 2022, 464 Seiten, 69,80 €, ISBN 9783961383078

 

Die generalistische Pflegeausbildung wurde in Deutschland zu Beginn des Jahres 2020 mit dem Pflegeberufegesetz (PflBG), damit verbundenen Verordnungen und Rahmenlehrplänen auf den Weg gebracht. Während diese rechtlichen Vorgaben bundesweit gültig sind, wurde im Sinne des föderalistischen Systems die Verantwortung zur Umsetzung des Bundesgesetzes an die Länder übertragen. Wie unterschiedlich diese Umsetzung in den einzelnen Bundesländern stattgefunden hat, ist Forschungsgegenstand dieses Buches.

Das Buch ist Teil der Schriftenreihe „Berufsbildungsforschung Pflege und Gesundheit“, herausgegeben von Frank Arens und Elfriede Brinker-Meyendriesch. Frank Arens ist Lehrender in der Pflege, Verfasser mehrerer Schriften u. a. zur Berufsbildung und war Mitglied in der Fachkommission nach § 53 PflBG zur Erstellung der Rahmenlehrpläne für die generalistische Pflegeausbildung.

Für eine Analyse der Umsetzung der generalistischen Ausbildung in den einzelnen Bundesländern konzentriert sich der Autor auf sogenannte Ordnungsmittel, also alle Rechtsnormen und Unterlagen mit Rechtsverbindlichkeit.

Der erste Teil des Buches, der ca. 100 Seiten umfasst, wird dazu genutzt, die Entwicklung vor und seit Einführung des Pflegeberufegesetzes darzulegen und die Auswirkungen auf zahlreiche Bereiche werden angerissen. Anschließend wird begründet, warum eine Ordnungsmittelanalyse aus Sicht des Autors ein probates Mittel ist, um die juristischen Grundvoraussetzungen für die Umsetzung der Ausbildung in den einzelnen Bundesländern aufzuzeigen und miteinander zu vergleichen.
Auf den folgenden knapp 300 Seiten folgt eine detaillierte Auflistung der Ordnungsmittel zu herausgearbeiteten Schwerpunkten, wie z. B. Bestimmungen zum Zugang zur Ausbildung oder Mindestanforderungen an Schulleitungen und Lehrkräfte. Jeder Schwerpunkt der Ordnungsmittelanalyse hat dabei ein eigenes Kapitel und ist durch das umfangreiche Inhaltsverzeichnis schnell auffindbar. In der Regel bietet der Autor zu jedem Aspekt eine tabellarische Übersicht mit Vergleichen zwischen den Bundesländern und ergänzt diese mit erklärendem Fließtext und Stichpunkten.
Nach einer Reflexion der Ordnungsmittelanalyse gibt der Autor anschließend Anregungen zur weiteren Berufsbildungsforschung.

Diskussion

Es ist der erste Satz des Vorwortes von Frau Brinker- Meyendriesch, der aus Sicht des Rezensenten zentral ist: „Dies ist kein Buch, das man durchlesen kann!“ Wer den Anspruch an das Buch hat, eine kurze und klare Darstellung der Umsetzung der generalistischen Ausbildung zu bekommen, wird enttäuscht sein. Wer diesen Anspruch erhebt, hat allerdings aus Sicht des Rezensenten die Realität des föderalistischen Bildungssystems und der noch komplexeren der Schullandschaft im Bereich Pflege verstanden.

Diese Landschaft ist vielmehr unübersichtlich, komplex und von Eigenheiten der Bundesländer geprägt. Zudem ist dieses Buch zwei Jahre nach der Verabschiedung des Gesetzes entstanden, und somit die Jahre der Corona-Pandemie, die sowohl den Gesundheitsbereich als auch den Bildungsbereich stark geprägt hat und die Dynamik sowie die Herausforderungen der neuen Pflegeausbildung damit deutlich erhöht hat.

Dennoch gelingt es Frank Arens mit seiner Ordnungsmittelanalyse eine Ordnung in dieses System zu bringen. Der Rezensent, selbst Schulleiter, erkennt in den vorhandenen Oberthemen der Analyse alle Fragen wieder, die aus seiner Sicht im Bereich der Rechtsnormen relevant sind. 

Das Inhaltsverzeichnis dient damit als Nachschlagewerk zu allen relevanten Ordnungsmitteln und ermöglicht gleichzeitig einen Vergleich innerhalb der Bundesländer. Besonders anschaulich sind dabei die Tabellen, die einen direkten, übersichtlichen Vergleich der jeweiligen Ordnungsmittel in den Bundesländern ermöglichen. Bei näherem Interesse zu den entsprechenden Themen kann der Fließtext gelesen werden.
Anhand des Seitenumfangs zu den einzelnen Analysepunkten können Leser*innen schnell erkennen, wo die Unterschiede zwischen den Bundesländern größer sind und wo eine höhere Einheitlichkeit besteht. Dieses Buch eignet sich daher als Nachschlagewerk für Schulleitungen, Lehrende, Berufsbildungsforschende, Studierende und weitere berufspolitisch Interessierte. Es kann einen wertvollen Beitrag für viele Forschungsarbeiten zur generalistischen Pflegeausbildung leisten, die aus Sicht des Rezensenten dringend notwendig ist.

Ein kleines Manko bleibt: Die Aktualität des Buches bei der gleichzeitigen Dynamik der Entwicklungen in diesem Arbeitsfeld bedeutet zugleich auch eine schnelle Halbwertszeit des Wissens. Entwicklungen wie z. B. das Pflegestudiumstärkungsgesetz konnten in dieser Analyse verständlicherweise keine Berücksichtigung finden. Eine Erweiterung dieses Buches im Rahmen einer Neuauflage ist deshalb eine gute Möglichkeit dieses Buch auch in Zukunft als Nachschlagwerk zu sichern.

Eine Rezension von Simon Ludwig-Pricha