Mensch, Körper, Krankheit<br> Anatomie, Physiologie, Krankheitsbilder. Lehrbuch und Atlas für die Berufe im Gesundheitswesen (Rezension)

Mensch, Körper, Krankheit
Anatomie, Physiologie, Krankheitsbilder. Lehrbuch und Atlas für die Berufe im Gesundheitswesen (Huch, Renate und Christian Bauer (Hrsg.))

Urban & Fischer Verlag. München, 2003, 4., überarb. und erw. Aufl.., 502 Seiten, 44,95 €. - ISBN 3-437-26790-6

Rezension von: Dr. hubert Kolling

Der Körper und seine Krankheiten haben Menschen zu allen Zeiten beschäftigt. Grundlegende Kenntnisse vor allem der Anatomie und Physiologie sowie verschiedener Krankheitsbilder sind noch heute wichtige Voraussetzung für alle Berufe des Gesundheitswesens. Gleichzeitig hat die Medizin in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht. Viele neue Erkenntnisse zur Krankheitsentstehung haben die Möglichkeiten der frühen Diagnostik und der ärztlichen und pflegerischen Intervention zum Vorteil der erkrankten Menschen verbessert. Heute weiß man beispielsweise, dass Frauen und Männer anders auf manche Erkrankungen reagieren oder unterschiedliche erste Symptome zeigen, etwa beim Herzinfarkt. Einige neue Aspekte, zum Beispiel die Entschlüsselung des menschlichen Genoms oder die Erforschung von Stammzellen, haben aber auch neue Unsicherheiten geschaffen und ethische Fragen aufgeworfen. Die Pflegenden und alle anderen medizinisch Tätigen sind daher herausgefordert, sich auch mit diesen neuen Aspekten auseinander zu setzen. Mehr und mehr hat die Medizin und Pflege auch auf die mögliche Vermeidung von Krankheiten, die Prävention, gerückt.

Aufgrund der Unzufriedenheit mit herkömmlichen Lehrbüchern, in denen nicht selten ganz wesentliche Teile des Menschen ausgeblendet werden, haben Renate Huch und Christian Bauer in dem von ihnen herausgegebenen Buch "Mensch, Körper, Krankheit" versucht, die klassischen Fragen der Medizin und der Krankenpflege ins Blickfeld zu rücken, sie dabei aber im Zusammenhang - also integriert - zu behandeln. Ihre Kernfragen:

  • Was macht den Menschen zu dem, was er ist?
  • Was treibt ihn an und wie funktioniert er dabei?
  • Warum werden Menschen krank?
  • Wie erkennt man Krankheiten?
  • Was hilft, um Kranke wieder gesund zu machen?
In ihrem Vorwort weisen die Herausgeber und die rund 20 Autorinnen und Autoren zunächst darauf hin, dass es für diese "ganzheitliche" Darstellungsweise keine einfachen Lösungen geben kann. Gerade die Berücksichtigung zentraler neuer Erkenntnisse aus der Immunologie, aus der Hormonforschung oder aus den Wechselbeziehungen zwischen Verhalten, Krank- und Gesundsein stelle sowohl an Autoren als auch an den Leser hohe Anforderungen. Im Einzelnen vereint der Band die folgenden 26 Kapitel:
  • 1. Die Organisation des menschlichen Körpers
  • 2.. Das Notwendige aus Chemie und Biochemie
  • 3. Von der Zelle zum Organismus, Genetik und Evolution
  • 4. Die Gewebe des Körpers
  • 5. Gesundheit und Krankheit
  • 6. Infektion und Abwehr
  • 7. Muskeln, Knochen, Gelenke
  • 8. Der Bewegungsapparat
  • 9. Die Haut
  • 10. Das Nervengewebe
  • 11. Das Nervensystem
  • 12. Sensibilität und Sinnesorgane
  • 13. Das Hormonsystem
  • 14. Blut und Lymphe
  • 15. Das Herz
  • 16. Kreislauf und Gefäßsystem
  • 17. Das Atmungssystem
  • 18. Das Verdauungssystem
  • 19. Stoffwechsel und Ernährung
  • 20. Niere, Harnwege, Wasser- und Elektrolythaushalt
  • 21. Geschlechtsorgane und Sexualität
  • 22. Entwicklung, Schwangerschaft und Geburt
  • 23. Kinder
  • 24. Der ältere Mensch
  • 25. Psychologie und Psychiatrie - Grundbegriffe und Leiterkrankungen
  • 26. Notfälle.
"Ein Bild sagt mehr als viele Worte", heißt es in einem Sprichwort. Damit gerade schwierige Zusammenhänge leichter verstehbar sind, wurde die Darstellung in "Mensch, Körper, Krankheit" mit rund 900 durchgängig farbigen Abbildungen und Tabellen illustriert. Positiv ins Auge fallen hierbei die umfangreichen und präzisen Beschriftungen, die ein Verstehen auch ohne großes Herumsuchen im Lehrbuchtext ermöglichen.

Nun stellt sich die Frage, wie sich der Benutzer in dem Lehrbuch zurechtfindet, zumal auf ein Gesamtinhaltsverzeichnis am Anfang des Buches bewusst verzichtet wurde? Erschlossen werden kann das Werk zunächst über eine Kurzübersicht am Anfang des Buches, dann durch Kapitelanfangsübersichten jeweils auf der ersten Seite eines Kapitels und schließlich über ein Register am Ende des Buches mit rund 6.500 Stichwörtern.

Die Handhabung und Nutzung des Werkes wird zudem durch ein integriertes Farbleitsystem stark erleichtert. So sind wichtige oder auch zusammenfassende oder ergänzende Inhalte in einem lila "Merke-Kasten" (Merksatz) hervorgehoben. Blaue "Medizin-Kästen" (Krankheitslehre und klinische Medizin) schlagen die Brücke vom Grundwissen über die physiologischen Körperfunktionen hin zu den am häufigsten zu beobachtenden Krankheitsbildern und ihre Behandlung, wodurch der Lernende krankhafte oder gar lebensbedrohliche Zustände rasch und zielsicher erkennen kann. Die "Pflegehinweise" (grüner Kasten) vernetzen den Lernstoff aus Anatomie und Physiologie mit der Berufspraxis in der Pflege, wodurch die Anwendung des erlernten Wissens im professionellen Arbeitsalltag erleichtert wird. Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Einzelfunktionen - dieser Erkenntnis rücken die Sondertexte (gelbe Kästen) zur "Ganzheitsmedizin" ins Blickfeld. Denn auch das intensive, oft detailorientierte Studium etwa der Anatomie und Physiologie darf nicht davon wegführen, die Begegnung mit dem kranken Menschen ganzheitlich zu gestalten, das heißt auch seine psychischen und sozialen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Die roten "Notfallkästen" zeigen die Erstmaßnahmen und Verhaltensregeln für das richtige Erkennen bedrohlicher Zustände sowie das richtige Verhalten und die Pflege bei medizinischen Notfällen. Schließlich verdeutlichen Sondertexte (hellgelbe Kästen) zu "Gesundheit und Lebensstil" die Möglichkeiten und Aufgaben, die der Einzelne für seine physische, soziale und psychische Gesunderhaltung hat. Einige Texte gehen dabei auch auf die Frage der Lebensführung von chronisch Kranken ein, wobei den Gesichtspunkten der Aufrechterhaltung der Lebensqualität, zum Beispiel eines Diabetikers, besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Seit seiner ersten Auflage im Jahre 1993 (3. Auflage 1999) hat sich das großformatige, vierfarbige Lehrbuch für Berufe im Gesundheitswesen und die Ausbildung aller medizinischen Assistenzberufe nicht zuletzt aufgrund seiner durchdachten Konzeption und tollen Ausstattung in der besten Praxis bewährt, sodass die Herausgabe der nun vorliegenden vierten, überarbeiteten und erweiterten Auflage sehr zu begrüßen ist. Im Unterschied zu den früheren Ausgaben wurden für die Neuauflage zunächst die Inhalte der einzelnen Kapitel auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand gebracht. Darüber hinaus wurden neue Abschnitte eingefügt, wie beispielsweise geschlechtsspezifische Unterschiede in der Physiologie und Pathophysiologie, zum Beispiel bei Erbeigenschaften oder Erkrankungsrisiken, oder die Besonderheiten der Reanimation bei Kindern.

Da das ansprechend gestaltete Lehrbuch sehr gut dazu geeignet ist, sich einen fundierten Überblick über den menschlichen Körper und seine Funktionen zu verschaffen, gehört es zunächst in die Hand von Schülerinnen und Schülern. Darüber hinaus können es aber auch Schwestern und Pfleger immer wieder hilfreich zur Hand nehmen, ebenso wie alle an medizinisch-pflegerischen Fragen Interessierten. Aus diesem Grund sollte es auch in keiner Bibliothek des Gesundheitswesens fehlen.