Primary Nursing: Ein Konzept für die ambulante Pflege |
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Der Leitfaden zur Implementierung von Primary Nursing (PN) beruht auf zwei von Frau Josuks erstellten Hausarbeiten, die durch Dr. Eckhardt Block, Justitiar der DAK, betreut wurden. Durch diese Vorinformation lassen sich Aufbau und Stil des Buches erklären. Im ersten Teil gibt die Verfasserin einen gut strukturierten theoretischen Überblick über die Organisationsform PN, die Philosophie dagegen bleibt dabei noch relativ unberücksichtigt. Außerdem erklärt sie Qualitätssicherung in der Pflege anhand von PN, wobei sie, was der Aufgabe eines Überblickes entspricht, die gängigen Lehrmeinungen zitiert und ohne Wertung gut übersichtlich darstellt (Definition von Qualität nach Donabedian etc.). Alle Aussagen lassen sich durch Quellenangaben oder persönliche Erfahrungswerte nachvollziehen und sind sichtbar als solche gekennzeichnet.
Manchen Pflegenden wird der unter 4.2 aufgeführte vermehrte Einsatz von Hilfskräften für pflegerische Tätigkeiten aufstoßen, zumal Frau Josuks diesen Aspekt einen "fördernden Faktor zur Implementierung von PN" nennt. Sie schließt, dass daraus ein "adäquater Einsatz personeller und finanzieller Ressourcen" erfolgt und zur "Steigerung der Arbeitsökonomie" führt (S.29). M. E. ist das ein z. Z. durchaus bedenkenswerter Aspekt, der aber nicht völlig unwidersprochen als Pluspunkt gewertet werden sollte. Zumindest müßte dem eine Auseinandersetzung über die ureigenen Aufgaben von Pflege und die Definition von sach- und fachgerechter Pflege vorausgehen.
Die hindernden Faktoren bei der Einführung von PN beschreibt Frau Josuks sehr treffend, wobei mir allerdings die psychosozialen Faktoren auf Seiten der Pflegenden zu wenig berücksichtigt sind. Auch in Teil 2 (S.58) unter 5.1 "Die Sichtweise der Pflegekräfte" tauchen die auch von Manthey und Ersser/Tutton beschriebenen hohen Anforderungen an die Pflegekräfte wie Kommunikationsfähigkeit und Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und zum Treffen von Entscheidungen nicht auf. Als eindeutigen Minuspunkt nennt sie allerdings die Tatsache, dass unser Tarifsystem eine leistungsgerechte Gehaltsstaffelung für die Pflegekräfte im Pflegsystem PN nicht ermöglicht.
Am besten gefällt mir, wie die Verfasserin den erforderlichen Paradigmenwechsel ("Veränderung vorhandener Werte und Normen durch PN") beschreibt (S.58 ff).
Sie gibt dabei genau das wieder, was sich im Sinne von Qualitätssicherung und Kundenorientierung, aber auch um des Selbstverständnisses der Pflege willen ändern muß. Der Patient ("Kunde") rückt dabei zu lasten von eingefahrenen funktionalen Tätigkeitsabläufen in den Vordergrund. Schon allein deshalb lohnt es sich, über PN nachzudenken.
Unter 6. Stellt Frau Josuks ein Konzept zur Implementierung vor, was, adaptiert an die jeweilige Situation, nicht nur in der ambulanten Pflege praktikabel erscheint.
Das Buch ist eine wertvolle Ergänzung zu den theoretischen Standardwerken, da es konkrete Vorschläge zur Einführung von PN macht, aber dabei die möglicherweise auftretenden Schwierigkeiten nicht vernachlässigt.