Systemisches Case Management<br> Falleinschätzung und Hilfeplanung in der Sozialen Arbeit mit Einzelnen und Familien - methodische Anregungen (Rezension)

Systemisches Case Management
Falleinschätzung und Hilfeplanung in der Sozialen Arbeit mit Einzelnen und Familien - methodische Anregungen (Kleve, Heiko, Britta Haye, Andreas Hampe-Grosser und Matthias Müller)

Dr. Heinz Kersting Verlag, Aachen, 2003, 220 S., 15,00 € - ISBN 392047-41-8

Rezension von: Alexander Freyt, Dipl.Pflegepädagoge (FH)

Durch die zum 1. Januar .2004 bevorstehende Einführung des DRG`s Fallpauschalensystems zur Abrechnung in den Krankenhäusern wird die Generierung von Case Management Stellen derzeit zu einem wichtigen Parameter in der Pflege. In den Häusern, die gegenwärtig Pflegeüberleitungspflegestellen eingerichtet haben, sind diese Stellen oft mit Sozialarbeitern besetzt. In zunehmendem Maß werden die neu geschaffenen Stellen aber nicht mehr ausschließlich von Sozialarbeitern, sondern auch von Pflegekräften besetzt werden. Grund genug für diese Pflegekräfte einen Blick in die Literatur der Sozialen Arbeit zu werfen wo das Case Management bereits seit geraumer Zeit aufgearbeitet wird. Der Blick in die Sozialwissenschaft ergibt sich sogar zwangsläufig, weil eine fundierte Pflegeliteratur zu diesem Thema erstens noch spärlich vorhanden ist, zweitens, wenn existent, meist die Situation in anderen Ländern beschrieben wird und der Leser daher mit direkten Übertragungsproblemen zu kämpfen hat.

Ich habe dieses Buch unter dem Aspekt gelesen, wie sich eine aus dem pflegerischen Arbeitsfeld kommende Person Anregungen und Assoziationen für die (Überleitungs-)Pflege aus der Sozialen Arbeit herausholen kann.

Vorab - das Buch ist für mich in vielerlei Hinsicht empfehlenswert.

  • Zwei bedeutende, in dem Buch wiederholt anzutreffende Begriffe sind Effektivität und Effizienz. So wird in der Einleitung die Soziale Arbeit in der Postmoderne in genau diesem Spannungsfeld beschrieben. Diese beiden Begriffe, genau wie die im weiteren Verlauf der Einleitung formulierten Grundüberlegungen zu Menschen- u. Weltbild, sind auch für alle in der Pflege arbeitenden Personen gültig. Mit der Beschreibung des Buchaufbaus wird die Einleitung abgerundet. Der Leser hat einen Überblick über Aufbau und Grundstruktur des sieben Kapitel umfassenden Werkes. So wird in klaren Worten des Autorenkollektivs das Werk als deduktiv aufgebaut beschrieben.
  • Dieser Aufbau beginnt somit folgerichtig mit der Vorstellung der Schulen aus denen sich die Soziale Einzelfallhilfe entwickelt hat: Psychoanalyse, Verhaltenstherapie u. Humanistische Psychologie, diese Zweige werden kurz, deutlich und klar beschrieben. Diese Wurzeln werden auch von Pflege-theoretiker/innen als für sie richtungweisend beschrieben.
  • Herr Kleve führt die These aus, dass Case Management mit der Ambivalenz aus Lebensweltorientierung und Ökonomisierung methodisch umzugehen versucht. Dieses Spannungsfeld ist meiner Meinung nach in den Krankenhäusern gegenwärtig, zukünftig erst recht, genauso gültig wie in der Sozialarbeit außerhalb des Krankenhauses.
  • Auch die in diesem Abschnitt beschriebene prozesshafte Vorgehensweise im Sinne eines kybernetischen Regelkreises ist der Methodik bei der Erstellung einer Pflegeplanung direkt vergleichbar. Diesem theoretischen Überbau schließt sich die methodische Beschreibung von Techniken an, die für die Lösung der am Anfang des Kapitels aufgeführten Tatbestände hilfreich sind. Probleme der Hypothesenbildung, Fragestellungen, die im Verlauf der Durchführung entstehen können, werden beschrieben und die zur Klärung der Sachverhalte erforderlichen Metäbenen gut tabellarisch den Text unterstützend aufgearbeitet. Aus klarer Sprache resultiert Verständlichkeit.
  • Die Wichtigkeit des den Regelkreis abschließenden Controllings im Hinblick auf die Wirksamkeit der durchgeführten Interventionen wird begründet. Einmal mehr der Hinweis, dass nur operationalisierte Zielsetzungen, die am Prozessanfang festgelegt worden sind, die Veränderungen auf diese Ziele hin mit einem Ist-Soll Vergleich belegt werden können. Dafür hilfreiche Arbeitstechniken werden vorgestellt und mit Beispiel-Formularen visualisiert. In einem sechs Phasen umfassenden Modell werden Falleinschätzung und Hilfeplanung exemplarisch beschrieben.
  • Im Abschluss wird das theoretische Wissen mit einem konkreten Beispiel aufgearbeitet und dadurch verdeutlicht.
Für mich ein in jeder Hinsicht für die Implementierung einer ( Überleitungs-)Pflege empfehlenswertes Buch. Zwar wird auf keiner Seite Krankenhausalltag beschrieben, die Grundgedanken, die theoretischen Vorüberlegungen aber, die meiner Meinung nach aus den gegenwartigen berufspolitischen Notwendigkeiten der aktuellen Gesundheitspolitik im Krankenhaus resultieren, werden umfassend verständlich und klar vermittelt. Das Werk ist einmal mehr Beweis für die Wichtigkeit über den Tellerrand der eigenen Profession zu blicken, Vernetzungen und Assoziationen in die Pflege pflegerische ergeben sich beim Lesen des gut 200 Seiten umfassenden Werkes von ganz allein.