Handbuch Pflegewissenschaft. (Rennen-Allhoff, Beate und Doris Schaeffer (Hrsg.))Juventa Verlag. Weinheim, München 2000, 886 S., 86,00 € - ISBN: 3-7799-0808-5 ; Studienausgabe 2003, 885 S., 44,00 € - ISBN: 3-7799-0785-2Rezension von: Dr. Hubert Kolling |
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Mit deutlicher Verspätung, etwa im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern, konnte sich Pflegewissenschaft in Deutschland erst am Ende des 20. Jahrhunderts etablieren. Hierzu trugen wesentlich die seit Beginn der Neunzigerjahre innerhalb kurzer Zeit eingerichteten zahlreichen Studiengänge an Fachhochschulen und Universitäten bei. Mittlerweile wurden eine Reihe von anspruchsvollen wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht, zu denen auch das vorliegende Kompendium zur Pflegewissenschaft zu rechnen ist.
Das von Beate Rennen-Alhoff und Doris Schaeffer herausgegebene "Handbuch" möchte die Etablierung der Pflegewissenschaft und die Weiterentwicklung der Pflege vorantreiben. "Ziel ist es", wie einleitend betont wird, "den gegenwärtigen Entwicklungsstand darzustellen und Entwicklungsherausforderungen in den unterschiedlichen Bereichen der Pflege aufzuzeigen" (S. 11). Gleichzeitig soll das Handbuch, das als Standardwerk für die Lehre konzipiert ist, "als Entwicklungsmotor" wirken. Ausgangspunkt für die Themenwahl des Handbuchs, das 31 Beiträge enthält, ist die in der Einleitung von den Herausgeberinnen skizzierte Aufgaben- und Gegenstandsbereich der Pflegewissenschaft - das Handlungsfeld Pflege. Damit verbunden ist ein Paradigmenwechsel von einem "einseitig krankheits- hin zu einem gesundheitsorientierten Pflegeverständnis" (S. 11).
Das Handbuch gliedert sich in die folgenden sieben Teile:
- Theoretische Grundlagen
- Methodische Grundlagen
- Rahmenbedingungen
- Pflegebedarf, Pflegebedürftigkeit und pflegerische Leistungen in einzelnen Handlungsfeldern
- Pflege in unterschiedlichen institutionellen Kontexten
- Qualitätsmanagement
- Ergebnisse der Pflegeforschung.
Der zweite Teil umfasst ebenfalls drei Beiträge. Diese geben zunächst einen Überblick in qualitative (Corbin / Hildenbrand) und quantitative (Potthoff / Müller / von Törne) Forschungsmethoden und stellen sodann Verfahren zur Datenerhebung und -analyse vor , ebenso wie die Entwicklung von Studiendesigns zur Erforschung und Beurteilung der Wirksamkeit pflegerischer Interventionen (Altenhofen).
Die sechs Beiträge des dritten Teils befassen sich mit den gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland (Rosenbrock), der staatlichen Sozialpolitik einschließlich der Organisation der Pflegeversicherung (Hofemann / Naegele), dem Wandel der ökonomischen Rahmenbedingungen weg von der Krankenhaus- hin zur integrierten Gesundheitsversorgung (Simon) sowie den für die berufliche Pflege relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen (Klie). Unter der Überschrift "Qualifikatorische Rahmenbedingungen" wird danach gefragt, wie die Ausbildungsgänge für Pflegeberufe sowie die Fort- und Weiterbildung in den einzelnen Bundesländern organisiert sind und welche Reformvorschläge gegenwärtig zur Diskussion stehen (Rennen-Allhoff). In seiner Zeit raschen strukturellen Wandels in der gesundheitlichen Versorgung sowie der beruflichen Ordnungsstrukturen wird schließlich die Frage nach einer pflegerischen Ethik gestellt (Remmers).
Pflegebedarf, Pflegebedürftigkeit und pflegerische Leistungen thematisieren die zehn Beiträge im vierten Teil anhand verschiedener Handlungsfelder. Im Einzelnen werden hierbei neben einer Begriffsklärung (Wingenfeld) die außerklinische Geburtshilfe durch Hebammen (Korporal / Dangel-Vogelsang), die Pflege kranker Kinder (Knigge-Demal), die Intensivpflege (Friesbacher), die Bewältigung chronischer Krankheiten (Schaeffer / Moers), die Pflege im Alter (Garms-Homolova), die Pflege behinderter Menschen (Rothe / Süß), die Pflege bei psychischen Störungen (Schoppmann / Schmitte) sowie die Pflege in der Rehabilitation (Hotze / Winter) einer näheren Betrachtung unterzogen. Zudem weist unter der Überschrift "Neue Perspektiven für die Pflege" Hurrelmann auf die zunehmende Bedeutung einer Verbindung von Krankheitsbedhandlung (Kuration) mit Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention hin.
Der fünfte Teil enthält vier Beiträge, die sich der Pflege in unterschiedlichen institutionellen Kontexten widmen. Zur Sprache kommen hierbei die ambulante Pflege (Beikirch/Korporal), die Tagespflege (Gennrich), die stationäre Aktutpflege (Hundenborn) und die stationäre Landzeitpflege (Sowinski / Maciejewski). Die zwei Beiträge des sechsten Kapitels stellen Konzepte des Qualitätsmanagements (Geraedts/Selbmann) sowie Pflegedokumentationen und Informationssysteme (Schrader) vor. Der siebte Teil schließlich stellt in drei Beiträgen Ergebnisse der Pflegeforschung vor. Neben den pflegerischen Leistungen im Alter (Görres/Martin) geht es hierbei um die Praxisforschung (Nauerth) sowie die berufliche Sozialisation in der Pflege (Rennen-Allhoff / Tacke).
Insgesamt betrachtet liegt mit dem Handbuch Pflegewissenschaft nun erstmals für Lehrende und Studierende der Disziplin Pflege ein fundiertes Fachbuch zu zentralen pflegewissenschaftlichen Themen vor. Der Band bietet vor allem eine große Arbeitserleichterung für seine BenutzerInnen, da sie nun nicht mehr länger auf verstreute Literatur zurückgreifen müssen. Ein kohärentes Gesamtbild liefert das Kompendium zur deutschen Pflegewissenschaft - dessen Beiträge eher nebeneinander stehen - unterdessen noch nicht.