Ambulante Pflege <BR></FONT>Die Pflege gesunder und kranker Menschen</STRONG><BR>Bd. 2: Wissenschaftlich fundiertes Pflegehandeln bei ausgewählten Krankheitsbildern (Rezension)

Ambulante Pflege
Die Pflege gesunder und kranker Menschen
Bd. 2: Wissenschaftlich fundiertes Pflegehandeln bei ausgewählten Krankheitsbildern (Immenschuh, Ursula et al. (Hrsg.) )

Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover, 2005, 2., vollständig neu bearbeitete Auflage, 514 Seiten, 49,90 €, ISBN: 3-89993-127-0

Rezension von: Prof. Dr. Hermann Brandenburg

Die Reihe „Ambulante Pflege“ bei der Schlüterschen umfasst insgesamt drei Bände. Band 1 gibt einen Einstieg in die Grundlagen der Pflege. Band 3 wendet sich der Familienpflege, Fragen des Managements und der Bildung zu. Band 2, der hier vorgestellt werden soll, fokussiert ausgewählte Krankheitsbilder und bietet dazu wissenschaftlich fundierte Pflegekonzepte und Pflegeinterventionen. Zwei Dinge sind mir sofort aufgefallen, nämlich erstens der Mut des Autorenteams ein nicht gerade dünnes Buch (514 Seiten!) auf den Markt zu bringen und zweitens die Tatsache, dass mit diesem Werk endlich ein grundlegendes Lehr- und Einführungsbuch für die ambulante Pflege in Deutschland auf wissenschaftlicher Basis vorgelegt wird. Das verlangt den Lesern einiges ab, aber das ist gut so.

Das Buch enthält 7 große Kapitel (von je ca. 50-80 Seiten), in denen umfassend folgende Themen beschrieben werden.

  • Kapitel 1 bringt einen guten Überblick über „Gesundheitsförderung (auch mit einem gezielten Blick auf die ambulante Pflege).
  • Kapitel 2 gibt einen vertieften Einblick in die Pflege von Menschen mit Hirnverletzung am Beispiel des Schlaganfalls.
  • Die Kapitel 3 bis 5 wenden sich umfassend weiteren ausgewählten Krankheitsbildern und den damit verbundenen pflegerischen Herausforderungen zu (Kapitel 3: Demenz, Kapitel 4: Tumorerkrankungen, Kapitel 5: Diabetes mellitus).
  • Kapitel 6 ist der Sterbesituation im ambulanten Bereich gewidmet und hier insbesondere der Praxis der Sterbegleitung.
  • Das letzte Kapitel schließlich befasst sich eingehend mit dem Betreuungsrecht und der Patientenverfügung.
Das Buch vermittelt einerseits profunde wissenschaftlich gestützte Kenntnisse über das, was heute in der (ambulanten) Pflege eine „gute“ Pflege ausmacht. Andererseits wird in jedem Kapitel deutlich, dass das Autorenteam von einer gemeinsamen Grundhaltung getragen wurde. Beispielhaft sei das Kapitel 4 (Die Pflege von Menschen mit Tumorerkrankungen) genannt. Bevor es zur Sache geht und allgemeine und spezifische Pflegeinterventionen bei onkologisch erkrankten Patienten dargelegt werden wird ein theoretischer Hintergrund vermittelt. Dieser führt nicht nur in Grundkategorien der Pflegetheorie von Orem ein (Selbstpflege, Pflegesysteme, Rolle der Pflegeperson) sondern geht auch ausführlich auf den phänomenologisch gestützten Ansatz Benner und Wrubel ein. Dabei wird ein bestimmtes Menschenbild vorgestellt, welches die Fürsorge mit Wissen, Verständnis und dem Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten verbindet. Mir scheint für das ganze Buch charakteristisch zu sein, dass Fakten vermittelt werden, eine wissenschaftliche Basis erkennbar ist und gleichzeitig eine bestimmte Grundhaltung (man könnte auch sagen ein Pflegeverständnis) kommuniziert wird. Eine weitere Stärke dieses Buches ist auch die Integration medizinischer (und darüber hinaus auch sozialwissenschaftlicher Befunde). Die übliche Abwehr oder Ignoranz gegenüber medizinisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen und Informationen unterbleibt, vielmehr werden diese Befunde in allen Kapiteln angemessen gewürdigt. Der Praxisbezug des Buches ist ebenfalls hervorzuheben. Die Texte sind anspruchsvoll, bieten aber gleichzeitig dem Praktiker konkrete Hinweise, die sich an der Logik des Pflegeprozesses orientieren (Assessment, Planung, Durchführung, Evaluation). Diese Orientierung am Pflegeprozess ist auch deswegen wichtig, weil in Deutschland, nicht zuletzt auch von pflegewissenschaftlicher Seite selbst, der Pflegeprozess grundlegend in Zweifel gezogen wird. Die Praxis selbst orientiert sich zuwenig daran. Und ein letzter Punkt sei erwähnt: Das Buch ist in einer Sprache formuliert, die wenig voraussetzt – außer der Anstrengung zu denken.