Bücher zum Thema „Pflegedokumentation“ ()Rezension von: Paul-Werner Schreiner |
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Pflegedokumentation ist gesetzlich vorgeschrieben, also unabdingbar notwendig, aber mindestens ebenso unbeliebt; dass Pflegedokumentation Pflegearbeit ist, wird vielfach nicht eingesehen. Das Argument, man sollte die Zeit, die man mit Dokumentieren verbringt, lieber für die Pflege aufwenden, ist nicht nur am „Pflege-Stammtisch“ zu hören; der Rezensent musste sich einmal von einer Pflegedienstleitung sagen lassen, er würde in der Pflege fehlen, wenn er an der Pflegedokumentation arbeitet.
Neben der Einsicht in die zwingende Notwendigkeit der Pflegedokumentation, kann natürlich nicht geleugnet werden, dass der Umfang des zu Dokumentierenden in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat – dies wiederum ist kein Spezifikum der Pflege, auch die Ärzte leiden darunter.
Für die Pflegedokumentation muss danach gelten „So viel wie notwendig und so wenig wie möglich“. Dieses Motto sollte auch Leitfaden sein, wenn man neue Publikationen zum Thema liest.
Hellmann, Stefanie
Pflegeplanung
Formulierungshilfen nach den AEDL – angelehnt an Juchli, Roper und Krohwinkel
Schlütersche Verlagsgesellschaft (Brigitte Kunz Verlag), Hannover, 2008, 2. aktual. Aufl., CD-ROM, 125,00 €, ISBN 978-3-89993-440-3
Die CD wird eingelegt und ist schnell installiert. Es handelt sich jedoch nicht um ein Programm im eigentlichen Sinn, sondern um eine Excel-Datei mit einer Eingabe-Maske. Startet man AEDL 2, wird man aufgefordert, einen neuen Patienten anzulegen – sind dann schon Patienten angelegt, kann man diese aufrufen und bearbeiten.
Zum Anlegen des Patienten werden Stammdaten eingegeben, wobei hier die Eingabe von nur minimalen Angaben vorgesehen ist, z. B. keine Bezugsperson, keine juristische Vertretung. Die eingegebenen Daten werden abgespeichert, wonach man wieder zur vorhergehenden Maske gelangt, über die man nach eingegebenen Patienten suchen kann. Die minimalen Stammdaten des ausgewählten Patienten erscheinen jetzt wieder und darüber anklickbare Reiter für die 13 AEDLs.
Unter jeder AEDL erscheint nun in vier Spalten (Pflegeprobleme/-diagnose, Kompetenzen/Ressourcen, Ziele, Maßnahmen) eine große Fülle von Formulierungsvorschlägen, die es anzukreuzen gilt. Zu jedem einzelnen Punkt können frei formulierte Ergänzungen hinzugefügt werden. Hat man diese Arbeit beendet – entweder für alle AEDLs oder auch nur für einzelne –, kann man die Eintragungen speichern (dabei gibt es die Option, die Bearbeitung zu verwerfen, deren Funktion sich nicht wirklich erschließt) und/oder in eine Excel-Datei exportieren. Es erscheint dann ein Excel-Datenblatt in DIN A 4-quer-Format, das zum Ausdruck vorgesehen ist. Für das Handzeichen der zuständigen Pflegekraft ist eine 5. schmale Spalte vorgesehen.
Formal ist es in der Tat gut vorstellbar mit diesem Material eine Pflegeplanung zu erstellen.
Drei Punkte sind aus der Sicht des Rezensenten inhaltlich diskussions- bzw. kritikwürdig:
- Alle Formulierungen sind in Satzfragmenten oder Stichworten gehalten. Was bei den Maßnahmen noch einleuchtet und angehen mag, muss jedoch für Ressourcen, Probleme und Ziele problematisiert werden. Es sei an den berühmten Spruch von Konfuzius erinnert: „Man fragte Konfuzius einmal, womit er beginnen würde, wenn er ein Land zu verwalten hätte. ‚Ich würde den Sprachgebrauch verbessern‘ antwortete der Meister. Seine Zuhörer waren erstaunt. Das hat doch mit unserer Frage nichts zu tun, sagten sie, ‚was soll die Verbesserung des Sprachgebrauchs?‘ Konfuzius antwortete: ‚Wenn die Sprache nicht stimmt, so ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist. Ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist, so kommen die Werke nicht zustande. Kommen die Werke nicht zustande, so gedeihen Moral und Kunst nicht. Gedeihen Moral und Kunst nicht, so trifft die Justiz nicht. Trifft die Justiz nicht, so weiß die Nation nicht, wohin Hand und Fuß setzen. Also dulde man keine Willkürlichkeit in den Worten. Das ist es, worauf alles ankommt.‘“ Man muss die Skepsis an der Sprachverkürzung aber nicht nur an dem alten Konfuzius festmachen; ein jüngerer Zeuge – Björn Engholm – schrieb in der April-Ausgabe 2008 von DAS PLATEAU: „Was mich irritiert, ist die wachsende Verkürzelung der Sprache, die immer auch Entleerung bedeutet. Denn damit verringert sich die Fähigkeit des vielfältigen und fantasievollen Ausdrucks. Es schwindet nicht nur Verstand, es schwinden Herz und Seele und Gefühl aus der Sprache. Wer sich auszudrücken verlernt oder es gar nicht erst gelernt hat, verliert die Fähigkeit, sich verständlich zu machen, am Ende verstanden zu werden und langfristig auch die Fähigkeit, andere und anderes zu verstehen. Form- und Ausdrucksverlust führen automatisch zu Inhaltsverlusten, aber wozu dient Sprache, wenn nicht zum Transport von Inhalten? Die Pflege der Sprache ist eine unverzichtbare Bedingung (bildungsbürgerlich gesprochen: eine Conditio sine qua non) für den Erhalt einer lebendigen Kultur.“ Es gilt nach wie vor, dass ein Berufsstand nur so angesehen ist und wird, wie er sein Tun nach außen transportieren kann – und dafür scheinen mir die Formulierungsvorschläge von Frau Hellmann nicht geeignet zu sein. (Das Argument, dass die Angehörigen eines etablierten Berufsstandes – der Ärzte – es nicht besser machen, was wohl weitgehend richtig ist, zählt nicht.) Ärgerlich ist, dass es keinen Aufwand bedeutet hätte, die Formulierungsvorschläge in Sätze zu fassen. Das leitet über zum zweiten Kritikpunkt.
- Der Name des Patienten taucht zwar in der Headline des Ausdruckes auf, ansonsten ist dieser aber ein Neutrum – eine Sache. Dies kann nur als pflegerische Unkultur bezeichnet werden. Es wäre datentechnisch kein Problem, entweder den ganzen Namen oder ein generiertes Kürzel an den Anfang eines kompletten Satzes zu stellen.
- Der dritte Punkt betrifft die primäre Orientierung an den Pflegeproblemen. Man muss nicht ein gläubiger Jünger von Frau Orem sein, um es für sinnvoll zu erachten, in Bezug auf die Pflege eines Patienten erst einmal nach den Möglichkeiten des Patienten zu schauen und erst dann nach seinen Problemen.
MOSBY, Marina Schnabel und Uwe Krämer
Pflegedokumentation leicht gemacht
Was Pflegende wann und wie dokumentieren müssen
Verlag Hans Huber, Bern, 2005, 2., korr. und erw. Aufl., 358 S., 1 Abb., 10 Tab., 34,95 €, ISBN: 978-3-456-84160-1
Bei dieser Publikation handelt es sich um die Übersetzung eines amerikanischen Fachbuches, das von zwei deutschen Pflegepädagogen bearbeitet wurde.
Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert:
- Die Versorgung der Patienten
Nach einleitenden Ausführungen zur Aufnahmeuntersuchung wird die Situation von Patienten mit Gesundheitsproblemen vorwiegend aus dem internistisch/konservativen Spektrum beschrieben, verbunden mit Erläuterungen, was jeweils dokumentiert werden muss/sollte und was dabei im Besonderen zu beachten ist. - Der Umgang mit schwierigen Patientensituationen
Hier werden Situationen, wie Behandlungsverweigerung, angedrohter Suizid und Fixierung, aufgegriffen mit Hinweisen auf die jeweiligen Dokumentationspflichten. - Der Umgang mit schwierigen Situationen im Berufsalltag
In diesem Abschnitt werden Problemsituationen beschrieben, wie Fälschung der Krankenakte oder beobachtetes fahrlässiges Verhalten von Kollegen, und erörtert, wie in solchen Fällen vorgegangen werden kann.
Dem Rezensenten drängte sich die Frage auf, wie weit man sich eigentlich von der Realität entfernen haben muss, wenn man meint, dass ein solches Buch hilfreich sein könnte. Angesichts der Tatsache, dass die deutschen Herausgeber studierte Pflegepersonen sind und eine davon die Leitung einer großen Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätte innehat, kann der Rezensent ein gewisses Erschrecken nicht verhehlen – verständlich wird ihm aber, weshalb Auszubildende im Praxiseinsatz famose Dinge über die Pflegedokumentation erzählen, die sie für die Prüfung erlernen müssen, aber in der Praxis nie erleben.
An die Programmleitung des Verlages ist die kritische Frage zu richten, ob es wirklich förderlich ist, jede Publikation, die in Amerika vielleicht durchaus relevant ist, ins Deutsche übersetzen zu lassen.
Das vorliegende Buch vermag der Rezensent in jedem Fall – zumal bei dem stattlichen Preis – nicht zu empfehlen.
Mahlberg-Breuer, Angelika und Ursula Mybes (Hrsg.)
Pflegedokumentation stationär
Handbuch für die Pflegeleitung
Vincentz Network, Hannover, 2007, 264 S., 24, 80 €, ISBN 978-3-86630-045-3
In den Jahren 2004 bis 2006 wurde im Auftrag des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein Projekt „Identifizierung von Entbürokratisierungspotenzialen in Einrichtungen der stationären Altenpflege“ durchgeführt. Ein Ergebnis des Projektes war die Empfehlung, ein Handbuch für die Pflegedokumentation zu erstellen. Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis des vom Ministerium erteilten Auftrages. Ansprechpartner sind die Leitungen Pflegeeinrichtungen, die als die zentral für die Pflegedokumentation Verantwortlichen herausgestellt werden. Die Herausgeber betonen, dass die Ausführungen noch einmal begrenzt wurden auf die Situation in den klassischen Heimeinrichtungen; die besonderen Bedingungen in der Kurzzeit- und Tagespflege wurden nicht berücksichtigt.
Nach einer Einführung werden im zweiten Kapitel die Elemente der Pflegedokumentation beschrieben, unterteilt in Basiselemente (Stammdaten, Erstgespräch, Pflegeanamnese, Biografiebogen, Ärztliche Verordnung, Erkennen von Problemen und Ressourcen, Festlegen der Pflegeziele, Planen der Pflegemaßnahmen, Leistungsnachweis, Pflegebericht) und Zusatzelemente (Assessmentbögen, Lagerungsprotokoll, Bewegungsnachweis, Trinkprotokoll/-plan, Ernährungsprotokoll/-plan, Bilanzierungsprotokoll, Miktionsprotokoll, Schmerzprotokoll, Nachweis freiheitsentziehender Maßnahmen, Vitalwerteprotokoll, Leistungsnachweis Sozialer Dienst, Wunddokumentation). Am Ende des Kapitels werden Vorschläge für die Praxis formuliert: Grundsätzlich muss es danach den Leitenden freigestellt sei, welches Pflegedokumentationssystem sie wählen (manuell, EDV oder Mischsystem); es wird weiter empfohlen, über die Basiselemente hinaus möglichst sparsam mit Zusatzelemente umzugehen und nicht ständig Neuerungen einzuführen.
Nicht ganz zu folgen vermag der Rezensenten der Empfehlung, dass die Pflegeplanung primär an den Pflegeproblemen orientiert werden statt an den Ressourcen; hierin spiegelt sich ein problematisches und überkommenes Pflegeverständnis wider. Wünschenswert wäre in diesem Kapitel gewesen, dass im Zusammenhang mit dem Pflegebericht die vielerorts bestehende Anordnung kritisch diskutiert worden wäre, wonach in jeder Schicht etwas im Pflegebericht eingetragen werden muss, was in der Regel dazu führt, dass in den Pflegeberichten viel redundanter Unsinn bzw. Umschreibungen von „Nichts Besonderes“ steht.
Im dritten Kapitel werden dann spezielle Regeln zum Führen der Pflegedokumentation bei Dekubitus, Mangelernährung und Flüssigkeitsdefizit Sturz, Demenz Inkontinenz, Kontrakturen, Schmerz, Pneumonie, Thrombose und Munderkrankungen erörtert, jeweils mit Vorschlägen am Ende der Abschnitte, was vermieden werden sollte und was im Besonderen zu beachten ist.
Dem problematischen Bereich der ärztlichen Verordnungen ist am Ende des dritten Kapitels ein eigener Abschnitt gewidmet. Nicht zutreffend ist hier die Darstellung über den Umgang mit den Betäubungsmitteln; hier wäre eine Richtigstellung wichtig, da auch vor Ort ein hohes Maß an Unkenntnis herrscht. Zutreffend ist, dass Einrichtungen der stationären Altenhilfe im Betäubungsmittelgesetz nicht als Abgabestelle erwähnt werden. In § 5b der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung ist jedoch eindeutig festgelegt, dass wenn der Arzt die für einen einzelnen Bewohner verschriebenen Betäubungsmittel in der stationären Einrichtung belässt, dort die gleichen Verwahr- und Dokumentationsvorschriften gelten, wie in der Klinik. Daraus ergibt sich, dass ein Betäubungsmittelnachweis im dafür vorgeschriebenen Betäubungsmittelaufbewahrungsort zu führen ist, der drei Jahre aufbewahrt werden muss. Nicht richtig ist, dass die Dokumentation auch auf einem Einlegeblatt in der Bewohnerdokumentation erfolgen kann. Der Sichtweise, dass ein BTM-Buch geeigneter ist als ein Ordner mit Einlegeblättern, muss entschieden widersprochen werden, da im Heim pro Medikament und Bewohner ein separates Blatt anzulegen ist, was in den Büchern stets zu einem ausgeprägten Durcheinander führt. Die Abgabe der Betäubungsmittel ist in der Bewohnerakte angemessen zu dokumentieren, was hinsichtlich der alle 72 Stunden zu applizierenden Pflaster besondere Überlegungen erfordert. Die Dokumentationserfordernisse, die sich aus einer Änderung des § 5b Betäubungsmittelverschreibungsverordnung zum Januar 2007, wonach nicht verbrauchte Betäubungsmittel nicht mehr vernichtet, sondern bei anderen Patienten/Bewohnern verwendet werden können, konnten vermutlich bei Drucklegung des Buches nicht mehr bedacht werden.
Im vierten Kapitel wird sachgemäß herausgearbeitet, dass das Pflegesystem und die Leitungsstruktur der Einrichtung erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Pflegedokument