Heilige und die Kunst des Heilens<BR>Heilige, Selige und Ordensgründer in der Medizin (Rezension)

Heilige und die Kunst des Heilens
Heilige, Selige und Ordensgründer in der Medizin (Rhomberg, Hans-Peter )

Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu, 2008, 128 S., 24,00 €, ISBN 978-3-89870-453-3

Rezension von: Dr. Hubert Kolling

Krankheit und Gesundheit sind bekanntlich nicht nur körperliche Tatsache, sind nicht nur medizinischer Befund, sie sind auch gesellschaftliche Konstrukte – ebenso wie die Kindheit, das Alter oder der Tod. Die Veränderung unseres Gesundheits- und Krankheitsverständnisses hängt dabei eng zusammen mit den Mitteln und Methoden, die uns zur Vorbeugung, Heilung oder Bekämpfung von Krankheit zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang spielten und spielen immer auch Glaubensfragen eine bedeutende Rolle. So gibt es zahlreiche Heilige, die mit der medizinischen Heilkunst in Beziehung stehen, sei es, dass sie sich mit einer außerordentlichen Hingabe den kranken, alten und armen Menschen widmeten oder Orden gründeten, in denen dann viele andere mit der gleichen Gesinnung an die Arbeit gingen. Durch ihre Initiative entstanden in der ganzen Welt auch zahlreiche medizinische und soziale Einrichtungen.

In seinem Buch „Heilige und die Kunst des Heilens“ stellt Hans-Peter Rhomberg jeweils mit kurzen Texten und brillanten Abbildungen rund 60 Biographien von Heiligen mit Bezug zur Krankenpflege und Medizin vor, beginnend mit Maria (Lourdes), gefolgt von antiken Ärzten wie Lukas, Pantaleon, Blasius oder Kosmas und Damian. Daran schließen sich Fürsprecher des Altertums an, darunter die Brustheilige Agatha, die Zahnpatronin Apollonia sowie Liborius, um nur einige wenige zu nennen. Unter den hier portraitierten Heiligen, zu denen die Menschen im Mittelalter bei Krankheiten Zuflucht suchten, seien etwa Ottilie, Wolfgang, Hildegard von Bingen, Franziskus und Klara von Assisi oder Elisabeth on Thüringen genannt. Karl Borromäus und Aloisius von Gonzaga, zwei bekannte Pestheilige des 16. Jahrhunderts, gehören ebenso zu den vorgestellten Personen wie Johannes von Gott Camillo de Lellis, der Stifter der Barmherzigen Brüder beziehungsweise der Gründer der Kamillianer – zwei hauptsächlich in der Krankenpflege tätige Orden.

Zu den Ärzten des 19. und 20. Jahrhunderts, die Papst Johannes Paul II. selig- oder heilig-gesprochen hat, gehören unter anderem der ungarisch-burgenländische Augenarzt und Chirurg Ladislaus Batthyany-Strattmann, Josef Moscati, ein Internist aus Neapel, und die Mailänder Kinderärztin Giovanna Beretta-Molla. Mit der deutsch-stämmigen Barbara Cope und Artemide Zatti werden wiederum zwei Personen betrachtet, die lange Zeit als „Leprosenschwester“ auf Hawaii beziehungsweise als Pfleger in Argentinien wirkten. Die Wienerin Restituta Helene Kafka und Zdenka Schellingova aus Pressburg verkörpern zwei Selige und Märtyrerinnen verschiedene Regime des 20. Jahrhunderts. Abschließend gelangen mit der Tiroler Ärztin Anna Dengel und der Irin Mary Martin zwei Gründerinnen ärztlich tätiger Orden ins Blickfeld, die noch nicht kanonisiert wurden.

Der Autor, Facharzt für Innere Medizin, Direktor des Österreichischen Landeskrankenhauses Hochzirl und unter anderem Ehrenmitglied in der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie & Gerontologie, schreibt im Vorwort zur Intention seiner Veröffentlichung: „Das vorliegende Buch will und kann nicht Anspruch auf Vollständigkeit von Heiligen in der Medizin erheben. Fast alle Heilig- und Seligsprechungen, ausgenommen die der Märtyrer der neuen Zeit, haben Heilungswunder aufzuweisen. Dies verleiht aber dem selig- bzw. heiliggesprochenen Diener Gottes noch keinen Medizinbezug. Andererseits werden in verschiedenen Ländern unterschiedliche Heilige um ihre Hilfe bei Krankheiten angerufen. So beschränkt sich das Buch auf traditionelle Schutzheilige unserer Region, die Gründer der großen Pflegeorden und auf vielleicht weniger bekannte selige und heilige Ärzte und Krankenpflegepersonen, die unter Johannes Paul II. zu den Ehren der Altäre erhoben wurden“ (S. 8).

Der Bischof von St. Pölten, Dr. theol. und Dr. med. Klaus Küng, hat zu dem Prachtband ein Geleitwort beigesteuert, in dem er neben den Zusammenhängen zwischen Glauben und Heilkunst auch auf die Heiligenverehrung heute anspricht. Hierbei weist er darauf hin, dass Heiligenverehrung nicht mit der Verwendung eines Talismans oder mit esoterischen Praktiken verwechselt werden dürfe. Wahre Heiligenverehrung sei immer gott- und christusbezogen. Weiter führt er hierzu wörtlich aus: „Wenn sie [die wahre Heiligenverehrung] echt ist, führt sie dazu, dass wir in den verschiedenen Situationen vielleicht Gott sehr intensiv um etwas bitten, dabei aber, nach dem Vorbild der Heiligen, für das, was heiliger Wille Gottes ist, innerlich offen sind. Bei Lourdesfahrten mit Kranken hat mich oft bewegt zu beobachten, wie manchmal Schwerleidende zwar nicht geheilt, aber von Neuem gestärkt in ihre Heimat zurück fuhren“ (S. 11).

Unter Einbeziehung zahlreicher künstlerischer Darstellungen verdeutlicht das Buch von Hans-Peter Rhomberg anschaulich, wie eng Kirche und Medizin in den letzten zwei Jahrtausenden miteinander in Verbindung standen und wie sehr christlich motivierte Menschen zugleich bedeutende Kirchen- und Medizingeschichte schrieben. An dem schmucken, im DIN-A-4-Format gestalteten Text-Bild-Band dürften alle ihre Freude haben, die sich für die Geschichte der Medizin und Krankenpflege interessieren. Apropos Krankenpflege, diese wurde im Untertitel scheinbar vergessen. Treffender müsste dieser heißen: „Heilige, Selige und Ordensgründer in Medizin und Krankenpflege“.