Anatomie des Menschen |
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Die Anatomie, die Lehre vom Bau der Organismen, und insbesondere die Humananatomie, die Lehre vom Bau des Menschen, interessiert sowohl unter erkenntnistheoretischen als auch unter praktischen Gesichtspunkten. Im medizinischen System ermöglicht sie durch intensives Erfassen der Form des lebenden Menschen, die Grundlagen für das ärztliche und pflegerische Handeln zu schaffen. Denn Kenntnis der Form ist Voraussetzung für das Verstehen der Funktion; Kenntnis der normalen Form (und Funktion) ist Voraussetzung für das Erkennen des Krankhaften (Pathologische Anatomie).
Da solide Kenntnisse der Anatomie des Menschen die notwendige Voraussetzung sind, um entsprechende therapeutische, pflegerische und prophylaktische Maßnahmen zur Gesunderhaltung des Menschen besser zu verstehen, wird diesem Fach im Medizinstudium, ebenso wie in der Ausbildung aller Gesundheits- und Pflegeberufe besondere Bedeutung geschenkt.
Zu den großen Standardwerken der Anatomie, die sich insbesondere an Studierende der Medizin wenden, gehört seit vielen Jahren der „Waldeyer“: Anatomie des Menschen. Das von dem Anatom Johannes Waldeyer (1901-1970), ehemaliger Direktor des Anatomischen Institutes der Humbold-Universität Berlin begründete und erstmals 1950 vorgelegte „Lehrbuch und Atlas in einem Band“, liegt nun in der 18., unveränderten Auflage vor.
Zur Funktion des Buches schrieb das hochkarätige Herausgeberteam, jeweils Professoren an den Instituten für Anatomie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, der Wilhelms-Universität Münster, der Kral-Franzens-Universität Graz beziehungsweise der Humboldt-Universität Berlin, in seinem Vorwort zur 17., inhaltlich und didaktisch völlig neu überarbeiteten sowie den Bedürfnissen von Studierenden angepassten Auflage im Jahre 2002: „Die Studierenden stellen sich bei der Lektüre eines Lehrbuchs erfahrungsgemäß stets die Frage: Was muss ich davon in der Prüfung wissen? Das vorliegende Lehrbuch ist sicher umfangreicher, denn es enthält mehr als den Lehrstoff, der in der zentralen schriftlichen Prüfung und in den mündlichen Kurs- und Physikumsprüfungen erwartet wird; es ist also auch zum späteren Nachschlagen in den klinischen Semestern und im ärztlichen Alltag gedacht. Dabei wurde selbstverständlich der Gegenstandskatalog berücksichtigt. Es war unser Anliegen, in der Neuauflage auch den Bezug der Anatomie zur Biochemie und Physiologie und vor allem zur Klinik aufzuzeigen und damit zu einer besseren Verflechtung von Vorklinik und Klinik beizutragen, wie es auch die neue Approbationsordnung verlangt.“
Der mit 883 Abbildungen und 45 Tabellen illustrierte Band, an dessen Bearbeitung 28 Autorinnen und Autoren sowie 32 Koreferenten beteiligt waren, gliedert sich in die folgenden 15 großen Kapitel:
1. Gegenstand und Arbeitsgebiete der Anatomie – Orientierung am menschlichen Körper
2. Allgemeine Anatomie
3. Allgemeine Embryologie
4. Kopf (Cranium) und Hals (Collum)
5. Zentrales Nervensystem (System nervosum centrale), Gehirn (Encephalon) und Rückenmark ( Medulla spinalis)
6. Sehorgan, Auge (Oculus et Structurae pertinentes)
7. Gehör- und Gleichgewichtsorgan (Organum vestibulocochleare)
8. Rücken (Dorsum)
9. Arm, obere Gliedmaße (Membrum superius)
10. Brustkorb, Thorax und Brustraum (Cavitas thoracis) mit Zwerchfell (Diaphragma)
11. Ventrale und dorsale Bauchwand
12. Bauchhöhle (Cavitas abdominis [abdominalis])
13. Becken ( Pelvis) und Beckenhöhle (Cavitas pelvis)
14. Bein, untere Gliedmaße (Membrum inferius)
15. Haut ( Integumentum commune), Anhangsgebilde: Drüsen (Glandulae); Haare (Pili), und Nägel (Ungues).
Ergänzt wird die Darstellung durch ein ausführliches Glossar (S. 1229-1260), in dem die im Lehrbuch verwendeten anatomischen und klinischen Begriffe auf ihre sprachliche Herkunft zurückgeführt werden. Die Autoren Franz Pera und Heinz-Peter Schmiedebach weisen darauf hin, dass sich Vollständigkeit aus Platzgründen nicht erreichen ließ. Es sei jedoch eine lebenslange, durchaus reizvolle Aufgabe, in geeigneten Quellen immer wieder die Wurzeln der Anatomie zu erkunden. Wörtlich halten sie zur Bedeutung ihres Glossars fest: „Präzision in der Begriffswahl kann in der Medizin lebenswichtig sein, und Korrektheit im Gebrauch der lateinischen und womöglich auch der griechischen Sprachregeln gilt auch heute noch als Gütezeichen („Sahnehäubchen“) einer umfassenden ärztlichen Ausbildung“ (S. 1229).
Der voluminöse Band, der durch ein umfangreiches Register (S. 1261-1334) erschlossen wird, verknüpft die makroskopische, funktionelle und mikroskopische Anatomie, wobei in jedem Kapitel spezielle embryologische und histologische Bezüge berücksichtigt sind. Neu (in der 17. Auflage) aufgenommen wurde ein Abschnitt über „Vermächtnis- und Leichenwesen“; ein Großteil der Abbildungen wurde entsprechend dem wissenschaftlichen Fortschritt aktualisiert.
Grundlegende Fakten, die in jedem Fall prüfungsrelevant sind, werden am Anfang von jedem Abschnitt hervorgehoben und in aller Kürze dargestellt. Optisch hervorgehobene Merksätze erleichtern das Studium und die Prüfungsvorbereitung. Zudem finden sich in jedem Kapitel in gelben Kästen klinische Bezüge, die für die Theorie-Praxis-Vermittlung hilfreich sind.
Das übersichtlich gegliederte und gut lesbare Buch eignet sich zunächst hervorragend zur Vervollständigung der Vorlesungsmitschriften und zur Vertiefung des Gelernten. Darüber hinaus ist es aber auch ein hervorragendes Nachschlagewerk, das jederzeit schnelle Orientierung bietet.