<p><strong><span style="font-size: medium;"><span style="font-family: Arial;">Fast-Track-Therapie</span></span></strong><br /> <span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial;">Praxishandbuch für Pflegepraxis und -management</span></span>

Fast-Track-Therapie
Praxishandbuch für Pflegepraxis und -management

(

Leppert, Sascha

)

Verlag Hans Huber, Bern, 2010, 155 S., 29,95 €, ISBN 978-3-456-84808-2

Rezension von:

Paul-Werner Schreiner


Mit Fast-Track werden beschleunigte Versorgungsabläufe in der modernen Chirurgie bezeichnet. Vordergründig wird argumentiert, dass zügigeren Verfahren, die erhebliche organisatorische Anpassungen in den Kliniken bedingen, für den Patienten von Vorteil sind. Grundsätzlich sollte man aber, wenn man sich mit dem Thema beginnt zu befassen, immer bedenken, dass es im Grunde in erster Linie um Kosteneinsparung geht und nicht darum, dem Patienten etwas Gutes zu tun, auch wenn dies als Nebeneffekt vielleicht damit verbunden ist.

Der Autor des vorliegenden Buches ist Krankenpflege mit Fachqualifikation für den Operationsdienst. Nach dem Studium des Pflegemanagements ist er als Management- und Organisationsberater im Gesundheitswesen tätig.

Im ersten Kapitel wird das Fast-Track-Verfahren im Detail beschrieben. Es werden die Vorteile und Nachteile für den Patienten dargelegt und aufgezeigt, welche Veränderungen in der Patientenversorgung mit dem Therapiekonzept verbunden sind. Im sich anschließenden Kapitel bringt der Autor das Fast-Track-Verfahren mit dem Pflegeprozess in Verbindung und zeigt, welche Veränderungen sich für den Prozessablauf ergeben. Im Wesentlichen geht es darum, dass viele pflegerische Maßnahmen im Zeitraum vor der Klinikaufnahme erfolgen müssen und Vieles, das pflegerisch als wichtig für die Heilung des Patienten angesehen wird, in den nachklinischen Zeitraum fällt.

Als zentrales Instrument des Pflegemanagements beschreibt Leppert, aus der Sicht des Rezensenten zutreffend, das Primary-Nursing-Konzept. Er legt dar, dass die sozialgesetzlichen Grundlagen sowohl eine vorklinische Versorgung der Patienten als auch eine postoperative außerklinische Versorgung der Patienten zulässt.

Ausführlich werden die in den Klinik-Abläufen notwendigen Veränderungen diskutiert. Dabei geht der Autor sowohl auf das traditionelle Bild (Fremd- und Eigenbild) der Pflege ein als auch auf die überkommenen (hierarchischen) Strukturen der Kliniken. Das Change-Management wird am Beispiel des Fast-Track-Verfahrens erläutert. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird betont und in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Clinical Pathways. Ein Fast-Track-Metapfad wird beschrieben.

Abschließend wird über die Umsetzung in einer Klinik berichtet.

Das Buch ist schon deshalb lesenswert, weil es von einem Konzept handelt, dass zum Teil bereits Realität ist, zumindest aber die Zukunft bestimmen wird. Einige Anmerkungen sind jedoch aus der Sicht des Rezensenten notwendig:
•    Bei der Darlegung der sozialgesetzlichen Gegebenheiten in Deutschland, wonach eine pflegerische Betreuung außerklinisch möglich ist, steht die durchaus zulässige Interpretation des Autors mitunter der Realität doch entgegen; mitunter wird die Interpretation auch etwas überspannt.
•    Hinsichtlich der Annahme, dass aus der Klinik heraus außerklinisch postoperative pflegerische Versorgung geleistet werden kann, was vielleicht von der Sozialgesetzgebung möglich wäre, wird schlicht das eingangs erwähnte Faktum außer Acht gelassen, dass es primär um Kosteneinsparung geht. Die Kurzzeitpflege, die hier ja durchaus eine Rolle spielen könnte, wird zwar erwähnt, nicht jedoch, dass diese strukturell vollkommen unzureichend ausgestaltet ist, was hier einwarnendes Beispiel sein sollte. Die in Deutschland nach wie vor vorherrschende strikte Trennung zwischen ambulant und stationär müsste in diesem Zusammenhang kritisch bedacht werden. Da diese Trennung primär durch die Einkommenserwartungen im ambulanten Versorgungsbereich, und zwar sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich, motiviert ist, sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass sich dies mit dem Verweis auf eine gute Versorgung der Patienten so einfach aufdröseln ließe.
•    So zutreffend es ist, dass das Primary-Nursing-Konzept eine adäquate Strategie wäre, so sehr lässt der Autor außer Acht, dass dieses Konzept im Kontext einer Gesundheitsversorgung entwickelt wurde, die das in Deutschland jede vernünftige Reform bremsende Chefarzt-Konzept nicht kennt. In Deutschland darf die Pflege alles planen, was das in keiner Weise kalkulierbare strategische Wollen des Chefarztes nicht stört. Als Beispiel mag der leitende OP-Pfleger dienen, der da und dort zum OP-Koordinator berufen wird. Der Autor spricht dieses Problem zwar an einigen Stellen am Rande an, es müsste aber an zentraler Stelle diskutiert werden, wenn man die Umsetzung des Fast-Track-Konzeptes denkt.
•    Der Autor erwähnt sehr wohl die Problematik der zunehmenden Zahl älterer Menschen gerade auch in der Chirurgie, wodurch sich erhebliche postoperative Versorgungsprobleme ergeben. Keine Erwähnung findet der Umstand, dass es heute bereits sehr viele Singles gibt, bei denen sich auch bereits in jüngeren Jahren ein Versorgungsproblem ergibt, worüber – da es nur um Einsparung geht – gesellschaftlich nicht ernsthaft nachgedacht wird. Hier bleiben im Hinblick auf die Umsetzung des Fast-Track-Verfahrens viele Fragen offen; Einige werden erst gar nicht gestellt. Wer Fast-Track propagiert, muss in den Augen des Rezensenten auch die Indikationsstellung für Operationen bei alten Menschen kritisch unter die Lupe nehmen – hier geht es wiederum nicht um Einsparungen, sondern um die Kehrseite dieser Medaille, ums Geldverdienen.