Körperpflege ohne Kampf (Rezension)

Körperpflege ohne Kampf (Barrick, Ann Louise et al. (Hrsg.))

Verlag Hans Huber, Bern, 2011, 376 S., 29.95 €, ISBN 978-3-456-84789-4

Rezension von: Dr. Sven Lind

Die vorliegende Publikation enthält die Ergebnisse eines Forschungsprojektes über zwei unterschiedliche Formen der Körperpflege Demenzkranker: das Duschen und das Waschen im eigenen Zimmer. Das Projekt wurde in den USA in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts in 15 Pflegeheimen durchgeführt. Über 1000 Bewohner wurden hierbei von mehr als 50 Pflegeassistentinnen gebadet, gewaschen oder geduscht. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand erstens die Ermittlung des Ausmaßes an aggressivem Bewohnerverhalten bei den Pflegemaßnahmen und zweitens, ein Konsultationsmodell zwischen direkt Pflegenden und so genannten "klinischen Pflegeexperten" hinsichtlich seiner Tauglichkeit zu erproben.

Die Ausführungen sind in drei Teile mit insgesamt 14 Kapiteln unterteilt:
Teil I ("Die Grundlagen": Seite 17 - 113) besteht aus fünf Kapiteln:

  • "Den Kampf verstehen"
  • "Die Zeiten ändern sich - Körperpflege früher und heute"
  • "Menschen mit Demenz bei der Körperpflege unterstützen - allgemeine Richtlinien"
  • "Das Verhalten einschätzen"
  • "Mit erprobten, personenorientierten Lösungen arbeiten".

Teil II ("Spezielle Themen": Seite 115 - 217) setzt sich aus den sechs Kapiteln zusammen

  • > "Personenorientiert pflegen - durch angemessene Unterstützung Interaktionen erhalten"
  • "Schmerzmanagement"
  • "Hautpflege"
  • "Transfertechniken"
  • "Die räumliche Umgebung gestalten"
  • "Pflegeprodukte und Utensilien".

Teil III ("Unterstützende Pflegeaktivitäten": Seite 219 - 299) enthält die drei Kapitel

  • "Körperpflege als Weg zu einer anderen Pflegekultur"
  • "Mit interaktiven Methoden personenorientierte Körperpflege lehren"
  • "Für sich selbst sorgen: Strategien für Pflegende".

Ein Anhang enthält u. a. Checklisten zur Beurteilung des Verhaltens und Ausführungen über die Pflege traumatisierter Shoah-Überlebender.

Bei der Beurteilung dieses doch sehr umfangreichen Buches sind verschiedene Aspekte genauer zu berücksichtigen, die teils positiv und teils auch kritisch gesehen werden können.

Positiv sind die vielen praktischen Tipps aus der alltäglichen Pflege, bei denen es sich überwiegend um bereits bekannte Ablenkungs- und Beruhigungsstrategien bei der Körperpflege handelt. Des Weiteren sind für die Praxis die verschiedenen Konzepte der Körperpflege, z. B. das Waschen ohne fließendes Wasser und Waschen im Bett, hilfreich, denn durch diese Vorgehensweisen vermindert sich das Ablehnungs- und Verweigerungsverhalten der demenzkranken Bewohner. Deutlich zu spüren ist auch das Anliegen der Autoren, durch gezielte und meist sanfte Pflegemaßnahmen das Belastungsniveau bei den Betroffenen spürbar zu senken. Die Individualisierung und Bewohnerorientierung bei der Pflege bilden die Grundlage für die zahlreichen Empfehlungen und Hinweise.

Einige ausführliche Themenstellungen des Buches sind aus der Sicht des Rezensenten für den Gegenstandsbereich "Körperpflege Demenzkranker" entbehrlich, da sie typische Inhalte der gängigen Lehrbücher der allgemeinen Pflege bilden. Hierzu zählen z. B. die Kapitel über Geschichte der Körperpflege, die Hautpflege, Transfertechniken und Pflegeprodukte.

Kritisch wird der Sachverhalt gesehen, dass die Ausführungen, Beispiele und auch Konzepte einschließlich der vielen Checklisten den Pflegealltag in den USA widerspiegeln und somit nur äußerst begrenzt auf die Verhältnisse in den Heimeinrichtungen in Deutschland zu übertragen sind. Befremdlich für die Verhältnisse in Deutschland ist z. B. der Tatbestand, dass die Pflegenden (so genannte "Pflegeassistenten") nicht in die Pflegeplanung und Pflegebewertung eingebunden sind, obwohl nur sie das konkrete Wissen über das Verhalten der Bewohner bei der Körperpflege besitzen. Des Weiteren überrascht, dass die Bezugspflege in den USA noch nicht Standard für die Demenzpflege bildet.

Es muss somit das Fazit gezogen werden, dass das vorliegende Fachbuch für die Körperpflege Demenzkranker in Deutschland keine neue Impulse und Perspektiven enthält.