Das deutsche Gesundheitssystem.Akteure, Daten, Analysen (Reinhard Busse, Miriam Blümel, Diana Ognyanova)
Medizinische Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2013, 284 Seiten, 39,95 Euro, ISBN 978-3-939069-97-3
Rezension von: Dr. Hubert Kolling
Das deutsche Gesundheitswesen mit seiner umfassenden Versorgung im Krankheitsfall und seinen Leistungen in der Prävention und Rehabilitation ist hochkomplex und für Außenstehende nur schwer durchschaubar. Angesichts der zahlreichen Reformen, die in diesem Bereich scheinbar immer wieder notwendig sind, haben selbst Fachleute mitunter Schwierigkeiten, die Struktur und Funktionsweise der verschiedenen Teilsysteme der Versorgungsbereiche insgesamt zu überblicken. Licht ins Dunkel können hier Lexika oder Fachbücher mit Überblicksdarstellungen bringen, wie etwa das von Reinhard Busse, Miriam Blümel und Diana Ognyanova vorgelegte Buch „Das deutsche Gesundheitssystem.Akteure, Daten, Analysen“.
Dr. med. Reinhard Busse studierte in Marburg, Boston und London Medizin sowie 1991/92 in Hannover Public Health. 1999 habilitierte er sich für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover. Anschließend leitete er das Madrider Zentrum des European Observatory, bevor er 2002 Professor für Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der Technischen Universität Berlin wurde. Er ist gleichzeitig Associate Director for Research Policy des European Observatory on Health Systems and Policies und Fakultätsmitglied der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Gesundheitssystemforschung, insbesondere im europäischen Vergleich und zum Spannungsfeld zwischen Markt und Regulation, Versorgungsforschung im ambulanten und stationären Sektor sowie Gesundheitsökonomie.
Die Diplom-Soziologin Miriam Blümel arbeitet nach dem Studium der Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin seit 2008 am Fachgebiet Management im Gesundheitswesen an der Technischen Universität Berlin als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in den Bereichen Gesundheitssystemforschung und Chronic Disease Management.
Nach dem Studium der Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien an der Universität Passau (2000-2006) und Public Policy an der Hertie School of Governance (2006-2008) arbeitete Diana Ognyanova von 2009 bis 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Management im Gesundheitswesen an der Technischen Universität Berlin, wobei der Schwerpunkt ihrer Arbeit in den Bereichen Gesundheitssystemforschung und Mobilität von Fachkräften IM Gesundheitswesen lag. Seit 2012 ist sie Referentin in der Europaabteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.
In ihrem Buch „Das deutsche Gesundheitssystem“ stellen die Autoren die Entwicklung und die aktuelle Struktur des deutschen Gesundheitssystems mit seinen ökonomischen und politischen Zusammenhängen dar. Zudem beschreiben und analysieren sie die laufenden und geplanten Reforminitiativen in Deutschland und nehmen eine Bewertung anhand wichtiger Zielparameter vor.
Die übersichtlich gegliederte Veröffentlichung, die Reformen und Daten mit Stand von November 2012 berücksichtigt, hat die folgenden acht Hauptkapitel, die ihrerseits zahlreiche Unterkapitel aufweisen:
- Einführung
- Organisationsstruktur
- Finanzierung
- Materielle und personelle Ressourcen
- Leistungserbringung im Gesundheitssystem
- Reformen im Gesundheitssystem
- Bewertung des Gesundheitssystems
- Schlussbemerkung.
Wenngleich das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich über einen der umfangreichsten Leistungskataloge und eines der quantitativ höchsten Versorgungsniveaus verfügt und die Leistungen zudem mit vergleichsweise niedrigen Zuzahlungen verbunden sind, weist es nach Ansicht von Reinhard Busse, Miriam Blümel und Diana Ognyanova Verbesserungsbedarf auf. Das zeigten die Ergebnisse von Befragungen zur Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem, bei denen Deutschland weniger gut abschneidet. Demnach stellen die Deutschen häufiger als Befragte aus anderen Ländern „einen hohen gesundheitspolitischen Reformbedarf“ fest: „Der Nachholbedarf wird insbesondere bei der Qualität der medizinischen Versorgung ersichtlich, wenn die Ergebnisqualität bei der Behandlung einzelner Erkrankungen analysiert wird. Hier findet sich Deutschland fast nie auf den ersten Plätzen, sondern meist im Mittelfeld wieder“ (271).
Daneben sehen die Autoren als eine der größten Herausforderungen für das deutsche Gesundheitswesen die Zweiteilung des Systems in Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und Private Krankenversicherung (PKV) mit ihren unterschiedlichen Risikopools und den Ungleichheiten in Finanzierung, Zugang und Versorgung.
Insgesamt enthält die übersichtlich und gut lesbare Darstellung, die durch ein Literatur-, Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ergänzt wird, umfangreiche Daten, Fakten, Definitionen und Beispiele und ist somit zunächst einmal eine probate Informationsquelle für alle Akteure, Entscheider und Gestalter in der Gesundheitswirtschaft. Darüber ist das Buch nützlich für Mitarbeiter in der Krankenversorgung, in Krankenkassen, im öffentlichen Gesundheitswesen sowie in der Politik und in Unternehmen der Gesundheitswirtschaft. Empfohlen werden kann es schließlich auch Studierenden in Health Care Management, Gesundheitsökonomie, Public Health, Pflegemanagement und Medizin, ebenso wie Patienten- und Selbsthilfeorganisationen, Versicherten und Patienten.