Unterstützte Selbsthilfegruppen von Menschen mit Demenz (Rezension)

Unterstützte Selbsthilfegruppen von Menschen mit Demenz. Anregungen für die Praxis (Michaela Kaplaneck)

 

Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main, 2012, 115 Seiten, ISBN 978-3-86321-021-2, 12,90 EUR

Rezension von: Sven Lind, Gerontologische Beratung
 

Die Autorin, eine Krankenschwester und Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Sozialarbeiterin, ist seit 2007 beruflich mit den Belangen Demenzkranker in der Frühphase der Erkrankung beschäftigt, wobei die Initiierung und Durchführung von Selbsthilfegruppen der Betroffenen der vorrangige Arbeitsschwerpunkt darstellt. Die vorliegende Publikation fasst ihre bisherigen Erfahrungen in diesem Bereich zusammen.

 

Im ersten Teil „Hinführung“ wird u. a. der soziale Sachverhalt beschreiben, dass in den letzten Jahren zunehmend Demenzkranke im Frühstadium verstärkt in unterschiedlicher Form ihre Erwartungen artikulieren, von der Gesellschaft nicht als hilflos und unselbständig betrachtet und behandelt zu werden. Publikationen mit Selbstdarstellungen ihres Umganges mit der Erkrankung, Teilnahme an Gesprächsrunden im Fernsehen, Fachtagungen und Kongresse und auch erste Selbsthilfegruppe sind Indizien für ein wachsendes Autonomiestreben dieser Personengruppe.

 

Im zweiten Teil „Unterstützte Selbsthilfe“ werden die verschiedenen Aspekte im Umfeld einer Selbsthilfegruppe eingehend beschrieben. Auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen, die für den deutschsprachigen Raum als Pionierarbeit betrachtet werden können, arbeitet die Autorin allgemeinverständlich die wesentlichen Kernelemente dieses organisierten Austausches der Betroffenen heraus. Standen bisher immer die pflegenden und betreuenden Angehörigen der Demenzkranken im Mittelpunkt, so gilt es nun Formen eines sozialen Raumes zu etablieren, der den Bedürfnissen und Interessen der Kranken selbst entspricht. Ausführlich wird dabei auch die Rolle und Funktion der Gruppenleitung und Moderation erörtert, die hier strikt begleitend und unterstützend und nicht dominierend und richtungsweisend zu wirken hat.

 

Im dritten und letzten Teil „Handeln“ werden zusammenfassend wichtige Praxishinweise hinsichtlich des Aufbaus konkreter Selbsthilfegruppen gegeben. Von der Suche eines Kooperationspartners vor Ort meist in Gestalt eines Wohlfahrtsverbandes oder einer kommunalen Einrichtung über die Werbung bis hin zur Finanzierung des Vorhabens, all dies wird kurz unter dem Gesichtspunkt erläutert, dass hier ein recht neues Angebot für eine Personengruppe eingerichtet wird, die bisher im Schatten ihrer Angehörigen verborgen blieb.

 

Bei einer kritischen Beurteilung dieser Arbeit gilt es vorab, das mangelnde Wissen der Autorin über den Gegenstandsbereich Demenz anzuführen. So wird u. a. die fehlende Krankheitseinsicht als Demenzsymptom negiert. Des Weiteren wird ideologischen Konzepten einer Entpathologisierung der Demenz das Wort gesprochen und der neuropathologische Abbauprozess mit seinen verschiedenen Stadien und Krankheitssymptomen infrage gestellt. Bei einer derartig eigentümlichen Sichtweise der Demenz besteht die Gefahr einer subkulturellen Abgrenzung, die sich letztlich zulasten der Betroffenen auswirken wird.

Positiv gilt es zu vermerken, dass hier profundes Praxiswissen zielgruppengerecht und umsetzungsorientiert aufbereitet wurde. Der Anspruch „Anregungen für die Praxis“ kann als voll eingelöst betrachtet werden. Aus diesem Grunde kann eine Lektüre den Interessierten in diesem Arbeitsfeld empfohlen werden.