Schöllkopf-Pressel - Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich

Schölkopf, Martin und Holger Pressel

Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich

Gesundheitssystemvergleich und europäische Gesundheitspolitik (Schriftenreihe: Health Care Management)

Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin, 2014, 2., akt. und erw. Aufl., 290 S., 69,95 €, ISBN 978-3-95466-101-5

Das deutsche Gesundheitswesen mit seiner umfassenden Versorgung im Krankheitsfall und seinen Leistungen in der Prävention und Rehabilitation gilt weltweit als vorbildlich. Zugleich ist es seit vielen Jahren ein bedeutendes Feld sozial- und wirtschaftspolitischer Debatten. Wer Reformen im Gesundheitswesen, die sich etwa aufgrund demografischer Entwicklungen und den sich ständig weiter entwickelten Möglichkeiten der modernen Medizin immer wieder neu ergeben, auf den Weg bringen, verstehen oder umsetzen möchte, ist gut beraten, über den Tellerrand der nationalen Gesundheitspolitik hinauszuschauen. Denn Ländervergleiche können zeigen, welche Erfahrungen mit Reformen andernorts bereits gemacht worden sind. Zugleich zeigen sie, wie ausgabenträchtig, wie patientenfreundlich, wie effizient oder wie gerecht ein Gesundheitssystem tatsächlich ist.

Einen fundierten Überblick zu diesem Thema bieten Martin Schölkopf und Holger Pressel mit ihrem Buch „Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich“, das nach 2010 nun in der zweiten, aktualisierten und erweiterten Auflage vorliegt.

Martin Schölkopf arbeitete nach dem Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz mit dem Schwerpunkt Sozialpolitik und seiner Promotion zum Dr. rer. soc. zunächst im Stabsbereich Politik der Deutschen Krankenhausgesellschaft, bevor er anschließend Leiter des Referats „Finanzielle Grundsatzfragen der Sozialpolitik“ im Bundesministerium für Gesundheit wurde. Seit 2006 leitete er in derselben Behörde das Referat „Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik, gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesundheitswesens“ und übernahm 2013 die Leitung der Unterabteilung „Pflegesicherung“.

Holger Pressel war nach dem Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz mit den Schwerpunkten „Management“ und „Arbeit und Soziales“ zunächst bei der Fraunhofer-Gesellschaft beschäftigt, bevor er zur AOK Baden-Württemberg wechselte, wo er – nachdem er berufsbegleitend an der Universität Konstanz zum Dr. rer. soc. Promoviert hatte – 2011 die Leitung des Referates „Politik“ und die stellvertretende Leitung der Stabstelle „Unternehmenskommunikation / Politik“ übernahm.

Das vorliegende Buch, das in der von Prof. Dr. Heinz Naegler (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) herausgegebenen Schriftenreihe „Health Care Management“ erscheint, gliedert sich in die folgenden neun Kapitel, die ihrerseits zahlreiche Unterpunkte aufweisen:

  1. Die Gesundheitssysteme im internationalen Vergleich: Typologie und Entstehungsprozess (S. 1-12)
  2. Gesundheitssysteme im internationalen Vergleich: Länderberichte (S. 13-118)
  3. Die Gesundheitsausgaben und ihre Finanzierung (S. 119-144)
  4. Stationäre Versorgung (S. 145-164)
  5. Die ambulante ärztliche Versorgung (S. 165-188)
  6. Arzneimittelversorgung (S. 189-216)
  7. Die Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen: Effizienz, Qualität und Nutzerorientierung (S. 217-240)
  8. Die europäische Gesundheitspolitik (S. 241-270)
  9. Weiterführende Informationen (S. 271-277).

Ergänzt wird die übersichtliche Darstellung durch ein Literaturverzeichnis (S. 278-285) und Sachwortverzeichnis (S. 286-289).

Nachdem im 1. Kapitel in knapper Form dargestellt wird, welche unterschiedlichen Typen von Gesundheitssystemen im internationalen Vergleich vorkommen und welche historischen Wurzeln die Gesundheitssysteme haben, folgen im 2. Kapitel jeweils kurze Länderdarstellungen, die Auskunft über die wesentlichen Grundcharakteristika der einzelnen Gesundheitssysteme geben. Während sich das 3. Kapitel mit der Höhe der Gesundheitsausgaben und ihrer Finanzierung befasst, wobei neben quantitativen Vergleichen auch die unterschiedlichen Finanzierungsstrukturen der einzelnen Gesundheitssysteme dargestellt werden, geht es im 4. Kapitels um die stationäre Versorgung. Hier finden sich nicht nur international vergleichende Daten zu den Ausgaben, Versorgungskapazitäten und Leistungen der Krankenhausversorgung, sondern auch Informationen über Organisation und Struktur von Krankenhausplanung, Investitionskostenfinanzierung und Vergütung der Krankenhäuser der untersuchten Länder.

Demgegenüber steht die ambulante ärztliche Versorgung im Mittelpunkt des 5. Kapitels. Auch hier wird zunächst ein Überblick in vergleichender Perspektive über die Ausgaben für diesen Sektor gegeben sowie über die vorhandenen Kapazitäten und die Inanspruchnahme durch die Patienten informiert, um dann auf die Organisation der Leistungserbringung und die Vergütungsstrukturen sowie das Einkommen der Ärzte einzugehen.

Im 6. Kapitel wird die Versorgung mit Arzneimitteln thematisiert, wobei auch – ausgehend von der Kostenentwicklung bei den Pharmazeutika – die zentralen institutionellen Rahmenbedingungen vorgestellt werden, die die Zulassung, die Preissetzung und die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln in den verschiedenen Gesundheitssystemen regeln.

Im 7. Kapitel geht es um den Vergleich der Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen. Hierbei wird danach gefragt, wie effizient die Gesundheitsversorgung jeweils organisiert ist, welche Unterschiede es bei der Qualität der Leistungserbringung gibt und wie patientenfreundlich die Gesundheitsversorgung ist.

Davon ausgehend, dass im gemeinsamen europäischen Binnenmarkt Vorgaben aus Brüssel immer mehr Einfluss auf die Politik nehmen, verlässt Kapitel 8 die international vergleichende Betrachtung und geht auf die Gesundheitspolitik der Europäischen Union und ihre Folgen für Deutschlands Gesundheitsversorgung ein.

Das 9. Kapitel bietet schließlich eine Vielzahl weiterführender Informationen, darunter Zahlen und Daten zum internationalen Vergleich, Fakten über die Gesundheitssysteme anderer Länder und Informationen zur europäischen Gesundheitspolitik.

Zur Bedeutung und Intention ihrer Veröffentlichung schreiben die Autoren im Vorwort: "Obwohl sich die zweite Auflage hinsichtlich des Aufbaus und der Gliederung stark an der ersten orientiert, ist das vorliegende Buch ‚runderneuert‘. So wurden nicht nur die Daten aktualisiert, sondern darüber hinaus auch inhaltliche Erweiterungen vorgenommen. Dies schlägt sich insbesondere im zweiten Kapitel ‚Länderberichte‘ nieder: Dort findet sich nun ein ganz neuer Abschnitt, der einen Überblick über die Gesundheitssysteme von zahlreichen mittel- und osteuropäischen Staaten gibt. In der vorliegenden Auflage sind somit über 30 Länderberichte enthalten“ (S. V).

In der Tat wurde das Buch von Martin Schölkopf und Holger Pressel nicht einfach nur nachgedruckt. Die zweite Auflage erfuhr vielmehr durchgehend eine Aktualisierung und inhaltlich – mit einem Umfang von rund 50 Seiten – deutliche Erweiterung. So wurde im Unterschied zur ersten Auflage (vgl. die Besprechung des Rezensenten in: www.pflege-wissenschaft.info/component/content/article/335-pflegejournal/rezensionen/61074) der Blick auf zusätzliche Länder gerichtet. Vorgestellt werden nunmehr die Strukturen der Gesundheitssysteme von 31 Mitgliedstaaten der Europäischen Union beziehungsweise der OECD, wobei nicht nur die Gesundheitsausgaben und deren Finanzierung miteinander verglichen werden, sondern auch die Strukturen der ambulanten und stationären Versorgung, die Arzneimittelversorgung und Daten zur Effizienz, Qualität und Nutzerorientierung und somit zur Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme. Schließlich wird auch die Gesundheitspolitik auf europäischer Ebene und deren Einfluss auf das deutsche Gesundheitssystem thematisiert.

Hervorzuheben ist auch, dass nahezu alle Daten eine Überarbeitung erfuhren, wobei neben in die Jahre gekommenen Kennzahlen auch nicht mehr aktuelle Studien durch neuere Informationen ersetzt wurden. Somit liegt ein aktuelles Buch über „Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich“ vor, das zunächst in die Hände von Studierenden und Lehrenden gesundheitsbezogener Studiengänge wie Health Care Management, Gesundheitsökonomie, Public Health oder Pflegemanagement gehört. Es ist aber auch brauchbar für führende Mitarbeiter im öffentlichen Gesundheitswesen wie in Unternehmen der Gesundheitswirtschaft (beispielsweise Pharma-, Medizintechnik- und Versorgungsunternehmen), in Krankenkassen und in der Gesundheitspolitik. Darüber hinaus kann es mit seinen aktuellen Zahlen, Fakten und Trends – nicht zuletzt als Nachschlagewerk – aber auch Praktikern und leitenden Mitarbeitern in Krankenhäuser und Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen sowie Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege ebenso gute Dienste leisten wie jedem interessierten Laien, der sich über die Gesundheitssysteme anderer Länder sowie über zentrale Aspekte der Gesundheitsversorgung im internationalen Vergleich informieren möchte.

Eine Rezension von Dr. Hubert Kolling