Wissenschaftsrat: Voraussetzungen für wissenschaftliche Qualifizierung in den Gesundheitsfachberufen verbessern

Akademisierung der Gesundheitsberufe WissenschaftsratDie Gesellschaft wird älter, kränker und pflegebedürftiger. Gleichzeitig kämpft das Gesundheitssystem mit einem Mangel an Fachkräften, die immer anspruchsvollere Aufgaben bewältigen müssen.
Der Wissenschaftsrat (WR) hat Empfehlungen erarbeitet, um die wissenschaftliche Qualifikation in den Gesundheitsfachberufen zu verbessern und diese Berufe gleichzeitig attraktiver zu gestalten.

Die Anforderungen an Gesundheitsfachberufe, einschließlich Pflege, Hebammenwesen und Therapie, wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Sprachtherapie, steigen kontinuierlich. Eine steigende Anzahl von Aufgaben verlagert sich vom stationären in den ambulanten Sektor, was eine erhöhte fachliche und kommunikative Kompetenz erfordert, insbesondere bei Themen wie Prävention, Rehabilitation und palliativer Versorgung. Die zunehmende Technisierung und Digitalisierung erfordern eine qualitativ hochwertige Ausbildung. Der WR spricht sich dafür aus, dass neben der Vollakademisierung der Hebammen künftig bis zu 20 % der weiteren Angehörigen der Gesundheitsfachberufe akademisch ausgebildet sind. Dabei sollte der Fokus weiterhin auf den Auf- und Ausbau primärqualifizierend-dualer Studiengänge gerichtet sein.

Der WR beleuchtet in seinem Paper die bereits gravierende Personalsituation in einigen Bereichen. Der Mangel an Pflegefachkräften führt in manchen Kliniken sogar zur Schließung von Abteilungen. Gleichzeitig erhöhen verstärkte Zuweisungen aus Pflegeheimen in Notaufnahmen die Belastung der Notfallambulanzen. Zudem droht in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten eine Unterversorgung im Gesundheitswesen.

„Wenn wir unsere Gesundheitsversorgung auf dem heutigen Niveau halten und möglichst verbessern wollen, brauchen wir attraktive Gesundheitsfachberufe mit einer größeren Autonomie und Entscheidungskompetenz, wie es in vielen Ländern außerhalb Deutschlands bereits üblich ist. Um die dringend benötigten hochschulisch qualifizierten Kräfte auszubilden, müssen sich die dahinterstehenden wissenschaftlichen Disziplinen weiterentwickeln. Dafür müssen entsprechende Voraussetzungen rasch geschaffen werden“, betont der Vorsitzende des WR, Wolfgang Wick.

Als strukturbildende Maßnahme empfiehlt der WR die Einrichtung und Förderung von Zentren für Forschung, Lehre und Versorgungssteuerung, um vorhandene Expertise zu bündeln und zu stärken.

Die Gesundheitsfachberufe sollten stärker an Universitäten verankert werden. Der Ausbau der Forschung und die Ausbildung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in frühen Karrierephasen sind dabei wesentliche Voraussetzungen, um das Studienangebot zu erweitern. Die Attraktivität der Studiengänge sollte erhöht werden, beispielsweise durch eine Vergütung der Praxiseinsätze im Pflegestudium, ähnlich der bereits bestehenden Vergütung in der nichtakademischen Ausbildung (siehe dazu: Bundestag beschließt Vergütung des Pflegestudiums). Es ist wichtig, Karrierewege für hochschulisch qualifizierte Gesundheitsfachleute mit Bachelor-, Master- und Promotionsabschlüssen zu entwickeln und so Karrieremöglichkeiten in Versorgung und Wissenschaft aufzuzeigen.

Die Gesundheitsfachberufe stellen mit rund 2,3 Millionen Beschäftigten mehr als ein Drittel aller Beschäftigten im Gesundheitssystem. Die Empfehlungen des WR sind daher besonders dringlich. Sie richten sich an Hochschulen, politische Entscheidungsträger auf Bundes- und Länderebene sowie Krankenhäuser, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen sowie Sozialversicherungsträger. Der WR ruft alle Beteiligten auf, die Weiterentwicklung der Gesundheitsfachberufe im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten zu unterstützen.

Zu den Empfehlungen: https://www.wissenschaftsrat.de/download/2023/1548-23.html


Zur Pressemitteilung: https://www.wissenschaftsrat.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/PM_2023/PM_2223.html

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Deutscher Pflegerat: Der steinige Weg zum Pflegestudium in Deutschland braucht einen Masterplan Pflegebildung und Pflegewissenschaft

pflegestudium deutschland pflegebildungAnlässlich der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zum Entwurf des Pflegestudiumstärkungsgesetzes – PflStudStG am Mittwoch (27.09.2023) betont Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR):

„Das geplante Pflegestudiumstärkungsgesetz ist ein Nachbesserungsgesetz. Es sorgt dafür, dass das im Pflegeberufegesetz formulierte grundständige Pflegestudium auch wirklich studiert werden kann.

Trotz Nachbesserungen verpasst der Gesetzentwurf zahlreiche mögliche Chancen. Die Fachkräftesicherung in der Pflege ist der Schlüssel für die Zukunft unseres Pflege- und Gesundheitssystems. Dazu werden durchlässige und bundesweit gültige Pflegebildungsstrukturen benötigt – von der Pflegefachassistenz bis hin zur Professur. Weiterbildungsangebote und Studiengänge an Hochschulen müssen ausgebaut werden. Der Föderalismus ist hier nicht hilfreich. Die gesamte Gesetzgebungskompetenz der Pflegebildung gehört in die Verantwortung des Bundes.

Unabdingbar ist eine Neustrukturierung der Kompetenzen und Befugnisse zur Ausübung heilkundlicher Aufgaben von Gesundheitsfachberufen. Umgesetzt werden muss ein allgemeines Heilberufegesetz, in dem Vorbehaltsaufgaben nach Qualifizierungsgraden differenziert abgebildet werden und die Heilkundeübertragungsrichtlinie des G-BA reformiert wird. Darauf aufbauend muss eine sinnvolle Anpassung des Leistungsrechts in den Blick genommen werden. Das erfordert bund-länderübergreifende Aktivitäten bis hin zu einem Masterplan Pflegebildung und Pflegewissenschaft

Die Kapazitäten bestehender Pflege-Studiengänge müssen erhöht, neue Studiengänge etabliert werden. Anzustreben ist die Ausweitung hochschulischer Lehrkapazitäten. Verstärkt werden müssen die Anstrengungen für die horizontale und vertikale Durchlässigkeit der Qualifizierungswege von Pflegepersonal.

Zudem ist es die hoheitliche Aufgabe des Bundes, bei der Finanzierung der Ausbildung und des Pflegestudiums auf Umlagebeträge zu verzichten und auf die Finanzierung durch Steuermittel umzustellen.“

Weitere Informationen:

Forderungen des Deutschen Pflegerats – Bildung mit besonderem Blick auf das Pflegestudium

  1. Dem Mangel an Pflegepersonal muss mit nachhaltigen Reformen zur Stabilisierung des Gesundheitssystems und seiner Strukturen begegnet werden.
  2. Benötigt werden durchlässige und bundesweit gültige Pflegebildungsstrukturen. Etabliert werden muss ein Masterplan Pflegebildung und Pflegewissenschaft.
  3. Umgesetzt werden muss ein allgemeines Heilberufegesetz, in dem Vorbehaltsaufgaben nach Qualifizierungsgraden differenziert abgebildet werden.
  4. Die Standardberufspositionen in der Pflege sind zu modernisieren. Das gesellschaftliche und pflegerische Verständnis von Geschlechtsidentität ist weiterzuentwickeln.
  5. Digitale Lerninhalte sowie Lerninhalte und -anlässe für den Erwerb von transkategorialen Kompetenzen und Kompetenzen für berufspolitisches Engagement und nachhaltige Entwicklung, müssen fester Bestandteil der Pflegeausbildung und des Pflegestudiums sein.
  6. Die gesamte Gesetzgebungskompetenz der Pflegebildung gehört in die Verantwortung des Bundes.
  7. Bereitzustellen ist eine zeitnahe angemessene Finanzierung aller Bildungsmaßnahmen, bei Abkopplung von den finanziellen Eigenanteilen.
  8. Die theoretische und praktische Pflegebildung sind attraktiv zu gestalten; die Patient*innensicherheit muss gewährleistet sein. Gesichert werden muss eine qualitativ hochwertige Lernzeit in der Praxis.

Die Stellungnahme des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR) zum Gesetzesentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung, zu Erleichterungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege und zur Änderung weiterer Vorschriften finden Sie auf den Seiten des Deutschen Bundestages hier zum Download.


Zur Pressemitteilung: https://deutscher-pflegerat.de/profession-staerken/pressemitteilungen/der-steinige-weg-zum-pflegestudium-in-deutschland-braucht-einen-masterplan-pflegebildung-und-pflegewissenschaft

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Bochumer Bund zur Akademisierung von Pflegefachpersonen: Deutschland verpasst international den Anschluss

Education Graduate study concept: Black Graduation hat on pencils, blur of view outdoor. Ideas knowledge learning success, Back to SchoolDas deutsche Pflegesystem hinkt internationalen Standards hinterher – Der BochumerBund fordert eine angemessene tarifliche Einordnung und Vergütung für akademisch Pflegende: In Gesundheitssystemen gewinnen Pflegefachkräfte mit akademischem Abschluss zunehmend an Bedeutung. Sie verfügen über eine umfassende Ausbildung und bringen wertvolles Fachwissen in die Patientenversorgung ein. Ihre Verantwortlichkeiten erstrecken sich oft über die traditionellen Pflegeaufgaben hinaus, da sie komplexe pflegerische und medizinische Entscheidungen treffen und innovative Pflegekonzepte entwickeln können. Zudem werden Public-Health-Ansätze in verschiedenen Umgebungen verfolgt und umgesetzt.

Der BochumerBund fordert eine angemessene finanzielle Eingruppierung derakademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen

Akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen haben eine umfassende Ausbildung durchlaufen und tragen eine höhere Verantwortung in der Patient:innenversorgung. Ihre Arbeit erfordert ein tiefes Verständnis für komplexe holistische Sachverhalte und die Fähigkeit, evidenzbasierte Pflegepraktiken anzuwenden.

Akademisch Pflegende sind oft maßgeblich an Forschungsprojekten und Innovationen im Gesundheitswesen beteiligt. Ihre Beiträge führen zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Pflegequalität und Patient:innenversorgung.

Der BochumerBund verweist auf aktuelle Studien und Berichte, die auf die Bedeutung einer gerechten Vergütung hinweisen. Es ist notwendig sich an internationale sowie europäische Standards anzupassen, um akademisierten Pflegenden eine berufliche Perspektive in Deutschland zu bieten.
„Es ist an der Zeit, die wertvolle Arbeit und das Fachwissen unserer akademischqualifizierten Pflegefachpersonen angemessen anzuerkennen und zu honorieren“,sagt Selina Mooswald Bundesvorsitzende des BochumerBund. „Wir fordern dieGesundheitsbranche und die Tarifpartner auf, gemeinsam mit uns Lösungen zufinden, um sicherzustellen, dass diese zukunftsweisende Berufsgruppe dieWertschätzung und Entlohnung erhält, die sie verdient.
 Es ist ein immenser Verlust für unser Land, wenn diesen Kolleg:innen keine andere Wahl bleibt, als ins Ausland zu gehen, um dort ihr erworbenes Wissen umsetzen zu können und dafür angemessenvergütet zu werden.“

Der BochumerBund fordert einen offenen Dialog zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen, um die tarifliche Einstufung und Bezahlung von Pflegefachkräften mit akademischer Qualifikation zu verbessern und somit eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten. Berufsverbände wie der DBfK oder das Deutsche Netzwerk für APN/ANP haben bereits klare Standpunkte formuliert. Gegenwärtig sind angemessene tarifliche Möglichkeiten und Stellenangebote in der primären Versorgung noch begrenzt. Dies muss sich in naher Zukunft verbessern - eine Forderung, die der BochumerBund nachdrücklich unterstützt.


Zur Pressemitteilung: https://www.bochumerbund.de/pressemeldungen/akademisierung-von-pflegefachpersonen/

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